Sonderlich charmant klingt der Tukan als Wecker nicht gerade, das wird nicht besser, wenn er zum Frühstück wie ein Schlachter seine Papaya zerlegt. Er kann halt mit den zarten Kolibris nicht mithalten – muss er auch nicht, denn im Regenwald der Österreicher in Costa Rica herrscht nicht nur theoretisch Artenvielfalt, hier ist sie Alltag. 1991 hat der Wiener Michael Schnitzler, Enkel des Dichters Arthur Schnitzler, den Verein „Regenwald der Österreicher“ gegründet und Schritt für Schritt mit Spenden den Esquinas-Regenwald gerettet. Längst ist der Wald ein Teil des Nationalparks Piedras Blancas. In Summe ist das Gebiet 150 Quadratkilometer groß und einer der letzten noch erhaltenen immergrünen Tieflandregenwälder an der ganzen Pazifikseite Mittelamerikas.

1993 kamen die beiden Biologiestudenten Werner Huber und Anton Weissenhofer und gründeten mit Schnitzler die Tropenstation „La Gamba“. Am Beginn stand eine Wellblechhütte, 27 Jahre später ist es eine renommierte Forschungsstation der Uni Wien. Was man damals noch nicht wissen konnte: „Dieser Wald zählt zu den artenreichsten Wäldern ganz Mittelamerikas. Man hat eine hohe Anzahl von Endemiten, also Tieren und Pflanzen, die es nur dort gibt. Rund 600 Baumarten findet man hier, in ganz Mitteleuropa gibt es ein Zehntel davon“, so Werner Huber, der vor zwei Wochen aus Costa Rica zurückgekehrt ist.

Biologe Werner Huber
Biologe Werner Huber © Tropenstation La Gamba



Steile Hänge, wilde Schluchten und unter anderem enormer Niederschlag ergeben ein einzigartiges Ökosystem. Wer je in der dazugehörigen Öko-Lodge genächtigt hat, weiß: Nach dem Mittagsregen kann man die Uhr stellen. Über 100 abgeschlossene Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit unterschiedlichsten Bereichen des Waldes. Forschungen von der Ethnologie bis zur Botanik sind hier engagiert. Kein Wunder: „Der Regenwald ist das artenreichste Ökosystem. Mehr als 50 Prozent aller Pflanzenarten und vermutlich mehr als 90 Prozent aller vorkommenden Tierarten kommen im Regenwald vor“, erklärt Huber die Dringlichkeit, mit der dieses Ökosystem geschützt gehört.

Einblick in den Regenwald der Österreicher
Einblick in den Regenwald der Österreicher © Tropenstation La Gamba

Seit mehreren Jahren arbeitet man im Regenwald der Österreicher an Naturkorridoren, um Tieren die Wanderung zwischen den Naturschutzgebieten zu ermöglichen. Dabei werden Flächen aufgekauft und renaturiert – mit Erfolg: Wildkameras haben bereits Tapire, Jaguare und Pumas gefilmt. Eines gibt Huber zusätzlich zu bedenken – als wäre die Funktion des Regenwaldes als Lunge der Erde nicht genug: „Wir haben nach wie vor keine Ahnung, welchen Wert die Tiere und Pflanzen für uns Menschen haben. Wir wissen nicht, welche Möglichkeiten in der Regenwaldapotheke noch stecken.“