Rund 210 Millionen Jahre früher und er hätte mit einer Umdrehung alles abgeräumt, was sich im Raum befindet. Rund sechs Meter lang und ein paar Tonnen schwer, da wäre von der Werkstätte in der geologisch-paläontologischen Abteilung im Naturhistorischen Museum nicht viel übrig geblieben. Ein paar Millionen Jahre später ist der Plateosaurus engelhardti für sein Alter zwar immer noch gut erhalten, aber es fehlen doch ein paar Knochen. In Sedimentgestein „natürlich verpackt“, wurde der Dinosaurier im Vorjahr aus der Schweiz angeliefert, als Dauerleihgabe des Sauriermuseums Frick, mit einer Bedingung: Das Tier muss präpariert und ausgestellt werden. Um im Jargon vergangener Zeiten zu bleiben: eine Mammutaufgabe, an der gerade eine Mitarbeiterin sitzt. Vor sich einen Sedimenthaufen, dazwischen ragen diverse Knochenteile heraus. Daraus soll am Ende des Jahres ein rund sechs Meter langer Dinosaurier werden.

Die Knochen werden vom Sediment befreit
Die Knochen werden vom Sediment befreit © (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

Die Evolution mag ja bisweilen schnell reagieren, aber Knochen werden dem Pflanzenfresser wohl keine mehr wachsen. Der „Dino-Bausatz“ ist also unvollständig. Über 200 Millionen Jahre später greift man auf den 3D-Druck zurück: „Früher hat man das mit Gipsabgüssen gemacht“, so Mathias Harzhauser, Leiter der geologisch-paläontologischen Abteilung. Nicht ganz problemlos: Die Abgüsse waren nicht nur schwer, sondern mussten auch kompliziert jeweils für linke und rechte Knochen nachgebaut werden. Mit dem 3D-Druck könnte man theoretisch schnell dinotechnisch in Serie gehen.

Die Knochen werden gescannt
Die Knochen werden gescannt © (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

Blaues Licht zuckt über den Wirbelknochen des Dinos: Mit einem Strukturlichtscan wird der Knochen von allen Seiten eingescannt, zu einem Gesamtbild zusammengefügt, wenn nötig gespiegelt und entzerrt, also perspektivisch angepasst. Danach wird der Drucker angeworfen: „Wir haben uns für Kunststoff entschieden, weil wir hier mit sehr dünnen Schichten sehr leichte Objekte aufbauen können“, so Oliver Kreich von der Wiener Firma „2Print“, die die Arbeiten durchführt. Danach werden die Kunststoffknochen bemalt, rund 20 Prozent des Skeletts kommen so Schicht für Schicht aus dem Drucker. Husch-Pfusch-Aktion ist das keine, in Summe dauert der Druckprozess für die Knochen rund 2000 Stunden.
Unter den fehlenden Teilen sind nicht nur Arme, Beine und Wirbel: „Ein Manko unseres Sauriers ist, er ist kopflos“, so Mathias Harzhauser, der gleich den Grund nachliefert: „Die Tiere sind recht schwer gewesen und wir vermuten, dass sie in Schlammpfützen stecken geblieben sind. Wie bei Treibsand sind sie eingesunken. Deshalb sind auch die unteren Teile des Dinosauriers recht gut erhalten.“

Der Kopf kam als Gipsabguss und wird ebenso gescannt
Der Kopf kam als Gipsabguss und wird ebenso gescannt © (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

Der Kopf jedoch, der fehlt, und der Schuldige, der konnte auch schon gefunden werden oder zumindest ein Teil von ihm: „Bei der Präparation des Sauriers wurde jeder Millimeter des Materials durchgeschaut und da haben wir nicht nur die Zähne von einem Plateosaurier gefunden, sondern auch den Zahn eines Raubsauriers.“ Aus der Sicht von Harzhauser eine Sensation, da man dieser Zeit und dieser Gegend zwei bekannte Raubsaurier zuordnen kann, der Zahn jedoch zu keinem der beiden passt. Ist man da gar einem neuen Dinosaurier auf die Spur gekommen? Das werden wohl die Kollegen in der Schweiz lösen.
Der fehlende Kopf des Plateosaurus engelhardti entsteht über Umwege. Ein Museum in Stuttgart hat vom Kopf ihres Sauriers ein Gipsmodell angefertigt, dieses wird nun eingescannt und ausgedruckt – aufgrund der komplexeren Form jedoch mittels Fotogrammetrie. Rund 1000 Einzelaufnahmen sind für den gesamten Kopf nötig. Dafür wird am Ende zwar kein Hohlkopf entstehen, aber das Modell wird deutlich leichter sein als eines aus Gips.

Matthias Harzhauser
Matthias Harzhauser © (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

Dass danach mit dem Zusammenbauen der lustige Teil folgt, ist eine Fehlannahme, so der Paläontologe Harzhauser: „Es ist eine Arbeit für Frustrationstolerante. Wir wissen zwar ganz genau, wo welcher Knochen hingehört, schwierig ist es jedoch, das dazugehörige Metallgerüst mitzudenken.“ Bohren ist verboten, für jedes Einzelteil muss eine spezielle Halterung angefertigt werden. Verläuft alles reibungslos, wird der etwas ältere Neuzugang der Star in Saal 8 des Museums sein. Aufrecht stehend, auch wenn es nicht zu 100 Prozent geklärt ist, ob die Tiere nicht doch auf vier Beinen unterwegs waren. Vielleicht wird das früher oder später der Wachdienst rückmelden, wenn er ihm begegnet ist, nachts im Museum.