Zwischen Gernsheim und Eich am Rhein verkehrte vor 66 Jahren täglich ab 6:15 Uhr eine Fähre mit 36 Tonnen Nutzlast. Die Überfahrt kostete 20 Pfennig. Das entnehme ich dem ÖAMTC-Handbuch von 1958 - einem Werk, das viel Nützliches birgt. Oder wussten Sie, dass das Hotel Adler in Hornberg damals 19 Zimmer mit fließendem Kalt- und Warmwasser hatte? Eben. Sowas kann man nicht einmal googeln. Zudem diente das Handbuch laut Vorwort dem edlen Zweck, den Reiseverkehr „noch genussreicher und sinnvoller“ zu machen. Zwei Wesenszüge, die dem heutigen Verkehr schmerzhaft fehlen.
Viele ähnlich vergilbte Bücher haben nur mit knapper Not in meiner Bibliothek überdauert. Unduldsame Banausen hänseln mich seit Jahren, ich solle das nutzlose Zeug endlich wegwerfen. Aber ich wusste instinktiv immer, dass die Stunde des Antiquarischen noch kommt. Und jetzt schlägt sie: Die Trainingsprogramme für Künstliche Intelligenz haben nämlich das Internet „leergelesen“. Nun werden verzweifelt neue, nicht digitalisierte Schriften gesucht. „Texte werden früher knapp als Bilder“, heißt es. Seither ziehe ich völlig neue Seiten auf: Ich durchkämme Flohmärkte und erwerbe im großen Stil dicke alte Bücher aller Stile. Thema egal – lang und geschwätzig muss es sein. Diese Nutzlast, vermutlich 36 Tonnen wie damals zwischen Gernsheim und Eich, vermüllt jetzt meine Wohnung. Hoffentlich klingeln die KI-Leute bald. Bevor ich desillusioniert und delogiert werde.