Bevor wir uns in die Wüste wagen, tanken wir noch die Lebensfreude von Marrakesch. Spazieren durch die Medina, die Altstadt, und lassen die vielen bunten Bilder auf uns wirken. Türme aus farbenfrohen Gewürzen, arrangiert neben Bergen von Oliven, und die nächste Möglichkeit, eine Tajine zu kaufen, liegt immer gleich ums Eck. Dieser traditionelle, spitz zulaufende Lehmkochtopf gehört ebenso zu Marokko wie die Rufe des Muezzins und die Mopedfahrer in den engen Gassen der Souks, den Basaren der Königsstadt. Diese Bilder speisen unsere Fantasie während der neunstündigen Busfahrt über den Hohen Atlas und werden abgelöst von den Eindrücken einer ganz anderen Welt: der Sahara.

Für die Wüste muss man die Sinne justieren: Das Gold des Sandes und das Blau des Himmel überwiegen. Und es herrscht vor allem eines: Stille. Diese wird nur unterbrochen vom freundlichen „Hallo“ der Wüsten-Guides Lahoucine und Omar und dem Blubbern der Dromedare. Regelmäßig wird auch zum Teetrinken gerufen. Aus den silbernen Teekannen sieht man dann in hohem Bogen den Aufguss aus Blättern von Zitronenverbene und Minze in die Gläser fließen. Mehr als ein Augenschmaus sind die Gerichte, die Tag für Tag aus dem Küchenzelt serviert werden. Vom bunten Salat-Mix bis hin zu einer echten Grillerei ist alles dabei. Und die Wüste wird im wahrsten Sinn des Wortes zum Backofen: Im mit Feuer aufgeheizten Sand wird Brot gemacht.

Von Tag zu Tag macht einen die Wüste aufmerksamer für die kleinen Wunder, die einen umgeben. Spuren vom Wüstenfuchs oder ein Käfer, der blitzschnell über die Düne davon wuselt. Von Schlangen und Skorpionen aber keine Spur. „Diese sind in der Winterstarre“, beruhigen die Guides.

Es ist auch beachtlich, wie sich das Wandern selbst auswirkt. Man stapft von Düne zu Düne, ist in Gespräche vertieft und versinkt dann wieder in die eigene Gedankenwelt. Den Sonnenuntergang verbringt man auf der Düne seines Vertrauens und schaut einfach nur zu, wie sich das Licht und die Stimmung gleichzeitig ändern. Dann kommt die tiefschwarze Nacht und der Himmel ist übersät mit den glühenden Punkten, die wir Sterne nennen. So viele davon sieht man bei uns nicht am Firmament strahlen. Leuchtende Augen und das Suchen von Sternbildern sind da vorprogrammiert.

Ob man es glaubt oder nicht, die Szenerie in der Wüste ist nicht eintönig. Das Beladen der Dromedare am Morgen. Da jemand, der gerade lernt, das Kopftuch als Sonnenschutz zu binden. Die Pausen, in denen Nüsse und Feigen gereicht werden. Dort ein Brunnen zum Waschen. Der Anblick des Camps am Abend. Das Berber-Team, das nicht müde wird, den Wüsten-Debütanten unzählige Fragen zu beantworten. Zum Beispiel zu erklären, dass man „Saha“ sagt, um Dank auszudrücken. Wüstenwandern ist kein Spazieren im Sand, sondern eine Selbsterfahrung. Mit vielen Schritten zu sich selbst.