"Doktor Fig, Doktor Fig!“ Eine Horde lärmender Kinder heftet sich an die Sohlen des alten Herrn mit dem langen Mantel und der wallenden Mähne. Die Kleinen sind ganz erpicht auf die süßen, getrockneten Feigen, die er verteilt. Dr. Fig ist kein Geringerer als der slowenische Dichter und Anwalt France Preseren, der Mitte des 19. Jahrhunderts seine letzten Jahre in Kranj/Krainburg verbracht hat und hier verstorben ist.

In der Stadt an Save und Kokra gibt es kaum eine Ecke, die nicht an Preseren erinnert. Wenn er nicht gedichtet hat, hat er den Bewohnern juristische Ratschläge erteilt, und das meist gratis. Der Text der slowenischen Nationalhymne, eigentlich ein Trinklied aus seiner Feder, war lange Jahre verboten. Es erzählte zu viel von Freiheit und Unabhängigkeit.

Kranj dankt es dem berühmten Mann mit der hingebungsvollen Verwaltung seines Nachlasses, der behutsamen Restaurierung seines Hauses. Es gibt eine Preseren-Straße, das Preseren-Theater, ja sogar Preseren-Strukli. Die Süßspeise, die es in Dutzenden Varianten gibt, stammt aus einem handgeschriebenen Kochbuch von Preserens Schwester, die den unverheirateten Bruder oft mit seiner Lieblingsspeise überraschte. Nach diesem Originalrezept macht die Gostilna Kot im Stadtzentrum den gekochten Strudel, köstlich gefüllt mit Rollgerste, Topfen, Rahm und Marillenmarmelade. Überbacken mit Eier-Rahm-Gemisch und heiß im Tontopf serviert.

Heiß ist auch der Tipp, das entzückende Kranj auf der Fahrt in den Süden nicht immer rechts der Autobahn liegen zu lassen, sondern den Sprung über die Kokra-Brücke zu wagen, um sich auf die behutsam restaurierte Hauptstadt der slowenischen Alpen einzulassen.

Schon der Eintritt ist beeindruckend. Tief unter der Brücke bahnt sich die Kokra eine grüne Schneise und bildet einen kühlen Urwald mitten in der Stadt. Auf einer Aussichtsplattform aus Glas blickt man hoch über Fluss, Stadt und Alpen.

Von der Höhe in die Tiefe: Unter der Altstadt verlaufen mit einer Länge von 1300 Metern die „Schächte von Kranj“. Der Tunnel wurde während des Zweiten Weltkriegs als bombensichere Zuflucht für die Stadtbevölkerung gebaut. Zum Glück wurde er nie wirklich gebraucht. Die akustische Simulation eines Bombenangriffs vor dem Verlassen des Tunnels ist schon Schrecken genug. Heute haben die Schächte eine viel bessere Funktion: Sie dienen rund um Martini als Verkostungsstraße slowenischer Weine.

Wenn man nicht einen der winzigen Elektrobusse besteigt, die fast lautlos durch die schmalen Gässchen gleiten, sollte man durch das Zentrum spazieren, das auf Schritt und Tritt überraschende Aussichten bietet. Etwa auf die Plecnik-Treppe, die der berühmte Architekt vor die Rosenkranzkirche gebaut hat. Das Schloss Khislstein bietet eine moderne Freiluftbühne und beherbergt u. a. drei antike Lamellenrüstungen aus Leder und Eisen, von denen es weltweit nur sieben gibt.

Im Layerhaus, heute beliebter Treffpunkt, wohnte einst der Barockmaler Leopold Leyer. Ein imposantes Beispiel barocker Kirchenbaukunst ist die Kirche des heiligen Kanzian.

Wenige Kilometer vor der Stadt erhebt sich das Schloss Brdo samt herrlichem Park, Hotel und Restaurant. Der einstige Staatschef Marschall Tito wählte es als Sommerresidenz. Man erzählt, dass Tito Krainer Würste über alles liebte und mit einem Arbeiter Kleider getauscht hatte, um in einem Gasthaus unerkannt seine Lieblingswürste zu schmausen. „Sie enthalten nur bestes Schweinefleisch, Wasser und Salz“, erklärt Stefan von der Gostilna Kot. Die Marke wurde von der EU geschützt und hat mit fetten Selchwürsten nicht viel gemein.

Die Krainer Spezialität geht auf Kaiser Franz Joseph zurück. Bei einer Reise kehrte er bei Bauern ein, die ihm nicht mehr als eine Wurst kredenzen konnten. Um sie zu beruhigen, meinte der Kaiser: „Das ist ja keine normale Wurst, sondern eine Krainer Wurst.“

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