Für Giuseppe Bulleri ist es eine unumstößliche Tatsache: Schon Julius Caesar war zu Besuch in Lucca – und noch mehr: Er war auch in seinem Haus, der „Domus Romana“. Ersteres gilt als historisch sicher: In Lucca, einem militärischen Vorposten des Römischen Reichs, hat Caesar 56 vor Christus mit Pompeius und Crassus den „Pactum Lucae“ geschlossen und damit das erste Triumvirat ins Leben gerufen. Zweiteres ist immerhin möglich. Liegt die Domus Romana doch hart an der Außenseite des antiken Militärlagers.

2010 hat der Neapolitaner Bulleri den Palazzo in Lucca gekauft und umgehend archäologische Untersuchungen durchgeführt. Mit Erfolg. Unter dem Renaissancepalast befinden sich mittelalterliche, langobardische und schließlich römische Funde. Nun ist die Domus Romana ein Museum – und zwar eines, in dem man auch essen und trinken kann. Römisch natürlich, und als edler Tropfen wird der „Pomerium“ serviert. „Der Wein von Julius Caesar“, ist der Hausherr überzeugt.

Caesar hin, Pompeius her: Der große Star in Lucca heißt Giacomo Puccini. Und wenn die „Lucchesi“, wie sich die Bewohner Luccas nennen, den Komponisten heutzutage als touristisches Aushängeschild hochleben lassen: Zu Lebzeiten war er in der Stadt verfemt. Der Grund dafür war seine Freundin – und spätere Ehefrau – Elvira, mit der er einen unehelichen Sohn hatte. Ein Frevel in einer Stadt mit 100 Kirchen! Weltliche Freuden waren Puccini ohnehin nicht fremd. Heute verzeiht ihm seine Heimatstadt die ungezählten Frauengeschichten, seine fünf Häuser, 18 Autos, drei Boote und den Hang zu gutem (und unmäßigem) Essen und Trinken. Manches davon erfährt man im Museum in seinem Geburtshaus, das seit 1979 der Öffentlichkeit zugänglich ist und 2011 liebevoll restauriert wurde.

Hoch angesehen und schon lange ansässig war die Familie Puccini in Lucca, ehe der missratene Giacomo vor nunmehr 160 Jahren auf die Welt kam. Seine Mutter hat schon in der „Antica Bottega di Prospero“ in der Via Santa Lucia eingekauft, die es heute noch gibt. Ein Delikatessenladen, in dem man auch einen Happen essen kann und wo sich die qualitätsbewussten Lucchesi mit sämtlichen Zutaten für ihre Küche versorgen.

Auch wenn die Puccinis längst als Familie aus Lucca gelten, stammen sie doch von außerhalb, aus Celle. Dort, in dem 40-Einwohner-Dörfchen, hoch auf einem Hügel gelegen und nur schwer zu erreichen, hat die Associazione Lucchesi nel Mondo 1976 ein Museum für den großen Komponisten eingerichtet. 1968 gegründet, zählt die Vereinigung der Lucchesi in der Welt 80 Vereine über den Globus verstreut. Präsidentin Ilaria del Bianco und Museumsdirektor Giovanni Frediani sind stolz auf das Haus, in dem Giacomo Puccinis Vorfahren bis ins 18. Jahrhundert gelebt haben und das heute zahlreiche Originale aus der Schaffenszeit des Komponisten beherbergt. Und die Vereinigung veranstaltet in dem kleinen Örtchen sogar Konzerte unter dem Motto „Puccini unter den Sternen“. Shuttledienst inbegriffen, denn Busse schaffen es gar nicht bis Celle hinauf.

Durch die Seide wurde Lucca im 13. und 14. Jahrhundert reich. Heute ist es ein anderes Produkt, das den Lucchesi Arbeit und Brot gibt: Hygienepapier. Und so, wie die Seide über die Frankenstraße nach Norden kam, sind es heute Toilettenpapier, Küchenrollen und Papiertaschentücher, die den Weg zu uns finden. Lucca ist also näher, als wir denken.