Die Landschaft präsentiert sich im satten Blau-Weiß: oben der wolkenfreie Himmel, unten ein fein gebügelter Kunstschneeteppich. Im Fokus der Skifahrer am Arlberg steht dieser Tage aber ganz anderes: neue Liftanlagen. Die Flexenbahn, die beiden Trittkopfbahnen und die Albonabahn - allesamt brandneu. 55 Millionen Euro wurde in diese „fantastischen vier“ investiert, um aus dem Arlberg - dank der neuen Verbindung Stuben-Zürs (Flexenbahn) - das größte zusammenhängende Skigebiet Österreichs und eines der fünf größten weltweit zu machen.

Auch wenn für die neuen Lifte keine neuen Abfahrten gebaut wurden, sind es jetzt 87 Lifte beziehungsweise Seilbahnen, 305 Kilometer markierte Pisten und die schier unendlichen Weiten des ungesicherten Geländes. Sie machen den Bergstock an der Landesgrenze zwischen Tirol und Vorarlberg für Skifanatiker zu einer der Topadressen im Alpenraum.

Entsprechend fallen die einschlägigen Statistiken aus: einseitig, was die Saisonaufteilung angeht - 80 Prozent der Gästeübernachtungen in St. Anton entfallen auf die Wintermonate. Vielseitig, was die Herkunft der Urlauber betrifft - jeden Monat sind es mehr als 50 Nationalitäten, die die 10.000 Gästebetten füllen. Knapp 50 davon stehen im nach dem höchsten Skiberg der Umgebung - der Valluga (2811 Meter) - benannten Hotel von Johanna und Mikael Landström.

Klingt nicht tirolerisch, ist es auch nicht. Die Landströms sind gebürtige Schweden, die das 1938 erbaute Hotel am Ortsrand von St. Anton vor sechs Jahren übernommen und massiv umgebaut haben. Jetzt bespielen sie es mit einer internationalen Mischung aus skandinavisch-nüchterner Eleganz und spanischem Lebensgenuss, den die Landströms von ihren zwei anderen Hotels auf Mallorca mitgebracht haben.

Das ist die eine, die internationale Seite St. Antons, wo in den Betrieben längst nicht nur die Gäste aus der ganzen Welt kommen, sondern auch das Personal. Die andere, die traditionsverwurzelte, tirolerische Seite kann man an den Wochenenden bis Weihnachten zum Beispiel beim sehr stimmungsvollen Adventmarkt im Museumspark antreffen.
Im Schatten des mit knapp über 35 Metern höchsten lebenden Christbaums Österreichs befindet sich hier, im Oberstock eines 1912 von einem deutschen Industriellen erbauten Bürgerhauses, auch das örtliche Museum. Es lockt mit Blicken auf delikate historische Details.

So erfährt man von einem eher reservierten Zugang zu den vielen Fremden aus allen Teilen der damaligen Donaumonarchie, die in den 1880er-Jahren im Zuge des Baus der Arlbergbahn in den Ort kamen und die Einwohnerzahl von 800 auf 4000 explodieren ließen. „Für den männlichen Teil waren die Gefahren der Trunksucht in den 34 Schenken und die Übertretung der Fasttage und Entheiligung der Sonntage am größten. Für den weiblichen Teil, insbesondere die Jungfrauen, war die Verführung der sittlichen Korruption äußerst groß“, wird ein Chronist zitiert.

Heute ist die Massenbespaßung auf und abseits der Pisten vom lustgesteuerten Après-Ski-Halligalli bis zu genussorientierten Gaumenfreuden zum hochlukrativen Geschäftsmodell geworden. So beherbergt die Hospizalm in St. Christoph eine der größten Sammlungen französischer Rotweine in Großflaschen. Traubensäfte im Gesamtwert von fünf bis sieben Millionen Euro lagern hier, die teuerste Flasche ist ein 12-Liter-Gebinde, Jahrgang 2000, im Wert von 80.000 Euro.