Die Straße schraubt sich höher und höher, viele Kurven führen ins Bergland nach „Kanda-uda-pas-rata“, dem „Königreich auf dem Berg“, wie die 1815 als letzte von den Briten eroberte singhalesische Stadt ursprünglich hieß. Zu kompliziert für die Briten: Nach der Kommandoübernahme machten sie daraus kurz Kandy. Ebenfalls ein Vermächtnis der einstigen Kolonialherren war der frühere Name Sri Lankas „Ceylon“. Der ist zwar Geschichte, denn 1972 wurde Sri Lanka zur Republik, aufgrund der langen Tradtion hat sich Ceylon als geschützte Bezeichnung für den Tee aber erhalten. Mit einem Export von 230 Millionen Kilo jährlich gehört der 65.610 Quadratkilometer große Inselstaat im Indischen Ozean zu den größten Tee-Exporteuren der Welt und eine "Tea-Time" inmitten der Teeanbaugebiete im Hochland zählt zum Highlight jeder Rundreise.

Dem Geheimnis des Cylon-Tees näher kommen. In den Fabriken wird Touristen erklärt, wie die gepflückten Teeblätter zu trinkbarem Ceylon Tee werden
Dem Geheimnis des Cylon-Tees näher kommen. In den Fabriken wird Touristen erklärt, wie die gepflückten Teeblätter zu trinkbarem Ceylon Tee werden © Katrin Schwarz

„Die Landschaft gefällt mir und die Mentalität der Leute ist sehr freundlich“, macht der Reise-Guide der Rundreise Pem Wickramasinghe bestes Lobbying für seine Heimat. Einheimische falten auf Herzhöhe ihre Händ und grüßen uns mit "Ayubowan", was so viel bedeutet wie "langes Leben". Wir werden lächelnd empfangen – und das ohne versteckte Absichten. „In Sri Lanka kann man sich richtig erholen, hektisch ist das Leben hier noch nicht“, meint Pem. – Was für ein Versprechen! Aber für die Affen gilt das wohl nicht. Eine Horde hetzt sich gegenseitig rastlos und lautstark über die Dächer des Zahnpalastes in Kandy.

Vor dem Zahntempel in Kandy entzünden die meist weiß gekleideten Pilger Räucherstäbchen
Vor dem Zahntempel in Kandy entzünden die meist weiß gekleideten Pilger Räucherstäbchen © Katrin Schwarz

Vor dem Schrein im buddhistischen Tempel verströmen Opferblumen einen süßlichen Duft, weiß gekleidete Gläubige sitzen auf dem kühlen Steinboden, beten und sind durch ihre Mantras tief mit ihrer Religion verbunden. Selbst Touristen horchen andächtig in die Stille, sind gefesselt von dieser Szenerie und betreten den Tempel in Kandy so wie auch alle anderen Pilger nur barfuß. „Die Lotusblume steht für das geistige Wachstum“, flüstert der Reiseleiter, selbst gläubiger Buddhist. Hinter dem Meer aus Blüten und Düften verbirgt sich allerdings erst der eigentliche Schatz: der linke Backenzahn Buddhas. Bewacht wird der Weg in die Kammer der Reliquie von mächtigen Elefantenstoßzähnen. Dort wird der Zahn unter sieben goldenen Reliquienschreinen, den Dagobas, aufbewahrt. „Nur buddhistische Mönche haben den Zahn jemals gesehen“, erklärt der Reiseleiter. Die Frage, ob es den Zahn wirklich gibt, stellt sich für ihn nicht und die Inszenierung des Ungewissen macht einen Besuch im Palast der heiligen Zahnreliquie selbst für Touristen so besonders.

Auch der Löwenfels von Sigiriya erhebt sich, wie ein einzelner Backenzahn mitten aus dem Dschungel und ragt 200 Meter in den Himmel. 1800 Stufen führen durch ein Areal an Seen und Gärten auf den Monolithen – wo man von den barbusigen Wolkenmädchen empfangen wird. Die Fresken der Schönheiten sind gut 1600 Jahre alt und es ist verboten sie zu fotografieren. Für Himmelsstürmer geht es weiter durch zwei riesige Löwenpranken hindurch nach oben, wo sich zwischen den Ruinen der ehemals kolossalen Palastanlage von König Kassapa ein atemberaubender Rundblick auftut. Hier leuchtet der grüne Dschungel und Wasserläufe blitzen bis nach oben. Auch der Mythos um den einstigen König fasziniert, denn im Bruderkampf riss er den Thron an sich, seinen Vater mauerte er lebendig ein. Wie man sich denken kann, ist die Sache auch für ihn selbst nicht gut ausgegangen.

Auf dem Plateau des Monolithen Sigiriya befinden sich die Ruinen der historischen Felsenfestung. 1982 wurde der Löwenfels zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt
Auf dem Plateau des Monolithen Sigiriya befinden sich die Ruinen der historischen Felsenfestung. 1982 wurde der Löwenfels zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt © Katrin Schwarz

Die Festung zählt genauso zum Unesco-Weltkulturerbe, wie die im 11. Jahrhundert gegründete Stadt. Die ehemalige Hauptstadt war bereits vergessen und vom Dschungel überwuchert, als sie von Archäologen wiederentdeckt und ausgegraben wurde. Zwischen Stupas, den Überresten von Tempeln und den Buddha-Statuen sind hier im archäologischen Park neben Touristen vor allem Schülergruppen aus Sri Lanka unterwegs. In den weißen Schuluniform strahlen die Jugendlichen, ihre Lehrerinnen tragen traditionell Sari, männliche Lehrer Hemd und Hose.

Schülerinnen in ihrer weißen Schuluniform besuchen die Ruinenstadt Polonnaruwa
Schülerinnen in ihrer weißen Schuluniform besuchen die Ruinenstadt Polonnaruwa © Katrin Schwarz

Bildung spielt in Sri Lanka eine wichtige Rolle, die Alphabetisierungsrate beträgt über 90 Prozent. „Respekt vor den Lehrern ist bei uns sehr wichtig, sie zeigen nach der buddhistischen Lehre den Weg“, erklärt Wickramasinghe. Das Bildungssystem orientiert sich am britischen Vorbild mit einer Schulpflicht von fünf Jahren, Schulgeld müssen die Eltern nicht bezahlen.

Um vor allem junge Männer zu einer Ausbildung zu motivieren, trat auf der Insel ein Gesetz in Kraft, dass nur über 35-Jährigen eine Lizenz als Tuk-Tuk-Fahrer gewährt. Denn im Lenken der dreirädrigen Minitaxis sahen viele Junge gutes und vor allem schnelles Geld. Mit 1,2 Millionen der blau, rot oder grünen Gefährte dürfte der Markt aber bereits gesättigt sein, die Jungen sollen besser eine Ausbildung machen. Vor allem Einheimische nutzen Tuk-Tuks als Transportmittel – für Touristen hat die Fahrt in der Blechkabine durchaus einen Hauch von Abenteuer und ist nichts für schwache Nerven. In Negombo bremst Tuk-Tuk-Fahrer Ridon offenbar überhaupt nur dann, wenn es sich überhaupt nicht anders ausgeht und die Hupe ersetzt das Radio. Die kleine Marienstatue und der Rosenkranz, der hinter der Windschutzscheibe baumelt, können auf alle Fälle in diesem Verkehrschaos nicht schaden.

Tuk-Tuk-Fahrer Ridon setzt auf Maria als Schutzpatronin im Verkehr
Tuk-Tuk-Fahrer Ridon setzt auf Maria als Schutzpatronin im Verkehr © Katrin Schwarz

Hier in Negombo ist die Mehrheit der Bevölkerung eine Minderheit, denn die Stadt ist das Siedlungszentrum der römisch-katholischen Christen. Über 70 Prozent der Bevölkerung Sri Lankas sind Buddhisten, fast 13 Prozent Hindus, nicht ganz zehn Prozent Muslime  und sieben Prozent sind Christen. Glaube ist überall sichtbar, häufig auch Aberglaube: So sind beispielsweise Vollmondtage im Kalender rot gekennzeichnet und frei und zur Vertreibung böser Geister werden an neu erbauten Häusern Puppen aufgehängt. Geisterscheuchen statt Vogelscheuchen also.

Auf einer Jeep-Safari im Yala-Nationalpark kann man auf Elefanten in freier Wildbahn treffen
Auf einer Jeep-Safari im Yala-Nationalpark kann man auf Elefanten in freier Wildbahn treffen © Katrin Schwarz

In Yala sind es wieder die Affen, die für Trubel sorgen. Sie werfen mit Steinen auf die Dächer der Hotelbungalows im Cinnamon Wild. Hier in Yala ist es wild. So wild, dass man auf dem Weg zum Frühstück auf ein Wildschwein samt Frischlingen treffen kann und seinen Bungalow nach Einbruch der Dunkelheit nur in Begleitung eines Hotelangestellten verlassen darf. Bei einer Safari geht es im Morgengrauen direkt in das 1260 Quadratkilometer große Nationalparkgelände. Allerdings nicht allein, auch die vielen anderen Touristen rumpeln in den offenen Fahrzeugen über die staubigen Pfade, um auf der Fotopirsch Elefanten, Leoparde, Krokodile, Wasserbüffel und Axishirsche vor die Linse zu bekommen. Da kann es zwischen Buschwerk, Wasserloch und Felsen zu einem regelrechten Stau kommen. Trotzdem - unbedingt Fernglas einpacken, Akku aufladen und und die Naturschönheiten in Ruhe genießen. Das gilt übrigens für die gesamte Insel.