Mit der Staffelei und diversen Malutensilien geht es an den Strand, egal ob bei Sonne, Wind oder Regen. Im Rahmen des „Plein Air”-Festivals in Kühlungsborn an der Ostsee treffen sich im Mai Hobbykünstler, um ihre Malkunst unter Beweis zu stellen. Grün-blau-grau schimmert das Meer und lässt der Inspiration freien Lauf. Denn für die Teilnehmer –vom Anfänger bis zum Fortgeschrittenen – gibt die Ostsee den Farbton an. Die entstandenen Werke werden anschließend in der Kunsthalle ausgestellt. „Wenn ich die glücklichen Gesichter der Teilnehmer bei der Abgabe der Bilder sehe, habe ich Pipi in den Augen”, gerät Kurator Franz Norbert Kröger ins Schwärmen.

Das Ostseebad Kühlungsborn ist das ganze Jahr über ein Anziehungspunkt für Künstler: Im Atelierhaus Rösler-Kröhnke hütet Anka Kröhnke das Werk ihrer Familie. Bilder ihrer Großeltern und Eltern, die großteils während der beiden Weltkriege verloren gingen, sammelte die 77-Jährige und präsentiert sie nun gemeinsam mit zeitgenössischer Kunst. Auf die Frage, wer ihre Arbeit fortsetzen wird, sagt sie leise, „Ich hoffe auf ein Wunder!”

Die 30 Kilometer westlich von Rostock gelegene Stadt ist aber wirklich fast schon zu malerisch. Entlang der Ostseeallee reiht sich ein bauliches Schmuckstück der Bäderarchitektur an das andere – immer mit Blick auf das Meer. Eine kleine Ausnahme bildet nur die Villa Baltic. In den 1940er-Jahren Residenz für Ufa-Stars wie Hans Albers, schlummert die Villa derzeit vor sich hin und wartet darauf, dass ihr wieder neues Leben eingehaucht wird.


„In Kühlungsborn fühlt man sich an den Anfang des 20. Jahrhunderts zurückversetzt, als die Fahrt in die Sommerfrische noch modern war”, erzählt Karin C. Schatzberg während eines Stadtrundgangs. Im Strandkorb zu sitzen, wenn die Sonne durch die Wolken blinzelt und eine leichte Brise weht, ist auch heutzutage wieder „in” und lädt dazu ein, die Seele baumeln zu lassen. Denn das rund 9000-Einwohner-Städtchen beherbergt pro Jahr über 400.000 Erholungssuchende. Apropos Strandkorb: Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen dem Strandkorb (der heuer übrigens seinen 135. Geburtstag feiert) an der Nord- und an der Ostsee: „Unsere sind schön geschwungen, die an der Nordsee sind eckig!”, erklärt die quirlige Stadtführerin.

Raus aus dem Strandkorb und rein ins kühle Nass – im Hochsommer hat die Ostsee zirka 20 Grad – wagt sich nicht jeder. Weniger Wagemutige flanieren lieber die vier Kilometer lange Strandpromenade entlang und kehren bei „Edel & Scharf” ein. Hier gibt es Currywurst mit getrüffelten Pommes und Champagner. Ein bisschen dekadent, aber ausgesprochen g’schmackig! Um die Kalorien wieder zu verbrauchen, werden Schusters Rappen gesattelt und entlang der Ostseeküste ins sechs Kilometer entfernte Heiligendamm, wo 2007 der G8-Gipfel abgehalten wurde, gewandert. Zurück kann man es dann wieder etwas gemächlicher angehen lassen. Eine kleine historische Dampfeisenbahn, liebevoll „Der Molli” genannt, bringt die Ausflügler wieder retour. Ohne eines Besuchs in Tillman Hahns Gasthaus dürfen Feinschmecker Kühlungsborn auf keinen Fall verlassen. Der ehemalige Sternekoch kredenzt seinen Gästen bodenständige Küche aus regionalen Produkten. „Auch aus einfachen Zutaten kann man ein besonderes Gericht zaubern, wenn die Qualität stimmt”, so der Chefkoch und kredenzt im eigenen Sud gedünstete Lachsforelle mit frischem Spargel und einem Kartoffelgratin. Recht hat er!