Kopflos zu sein, macht im Leben selten Sinn. Im Tod kann es einem auf gut Österreichisch aber „wurscht“ sein. Den Grafen von Cilli ist es das offensichtlich. Ihre Schädel ruhen nicht in Frieden, sondern stehen – sauber getrennt vom Rest der Gebeine – im Regionalmuseum von Celje (bis 1918: Cilli) in Slowenien.

Präsentiert werden die 18 Totenköpfe würdig und ehrfürchtig. Die Vitrinen sind Särgen nachempfunden – mit dem Unterschied, dass man den Toten hier in die Augen (oder besser gesagt: in die Augenhöhlen) schauen kann. Leicht ist das bei der spärlichen Beleuchtung allerdings nicht. Aus dem Dunkeln erklingen sphärische Klänge. „Die Musik wurde eigens für diesen Raum komponiert“, sagt Kurator Damir Žeric. Sie scheint denen zu passen, die sie immer hören. Es ist nicht bekannt, dass einer der Adeligen in der Nacht durch die Gänge geistert, um gegen die öffentliche Verwahrung seines Schädels zu protestieren.

Die Schädel der Grafen von Cilli wurden 1956 aus dem örtlichen Minoritenkloster ins Museum transferiert
Die Schädel der Grafen von Cilli wurden 1956 aus dem örtlichen Minoritenkloster ins Museum transferiert © Styria/Helmuth Weichselbraun

Wahrscheinlich fühlen sich die Grafen wie zu Hause, was wohl an der Umgebung liegt: Das Regionalmuseum befindet sich im ehemaligen Fürstenhof der Stadt. Hier haben die Damen und Herren im 14. und 15. Jahrhundert residiert. Die Grafen von Cilli waren durch kluge politische Schachzüge rasch aufgestiegen. Sie verwalteten Besitzungen in der Steiermark, in Kärnten, in Krain sowie in Ungarn und wurden zu einer ernsten Konkurrenz für das damals erst im Machtaufbau befindliche Haus Habsburg. Bis dann das abrupte Ende kam: Ulrich II. von Cilli wurde 1456 in Belgrad ermordet. Weil er der letzte männliche Nachkomme war, fielen die Gebiete der Familie laut Erbvertrag an die Habsburger.

Es sind aber nicht nur die Schädel der ehemaligen Hausherren, die das Museum von Celje zu einem der beeindruckendsten im Alpen-Adria-Raum machen. Es gräbt im wahrsten Sinn des Wortes tiefer. Archäologen förderten im Keller (!) des im Kern mittelalterlichen Gebäudes gewaltige Reste der römischen Stadt Celeia zutage: ein Stadttor, Stadtmauern, einige Meter der Prachtstraße und die Grundmauern ganzer Villen. „Unsere Besucher können damit durch eine Art Freilichtmuseum wandeln, ohne das Haus zu verlassen“, erklärt Žeric.

Statuen wurden als Baumaterial verwendet
Statuen wurden als Baumaterial verwendet © Styria/Helmuth Weichselbraun

Bei Führungen durch die spannende Unterwelt zeigt er eine Ecke der dicken antiken Stadtmauer besonders gerne her. Sie demonstriert, dass es Machthabern posthum schlechter ergehen kann als den im Obergeschoß ausgestellten Grafen von Cilli. Manche römische Kaiser ächteten ihre Vorgänger durch das Verhängen der „damnatio memoriae“ (Verdammung des Andenkens). Die Erinnerung an sie wurde aus dem öffentlichen Raum getilgt. So landeten zum Beispiel ganze Statuen als Baumaterial in der Stadtmauer von Celeia. Recycling auf Römisch.