Zur Begrüßung schaut Flipper vorbei: Wir trauen unseren Augen kaum, als ein Delfin aus dem Wasser springt. Für Bruchteile von Sekunden nimmt er uns ins Visier, dann taucht er wieder ab in ein Meer von betörender Farbe. Kárpathosblau ist die Ägäis um die Insel. Die Farbe changiert zwischen Smaragdgrün und tiefem Blau.

Von Diafani bringt uns „Captain Manolis“ alias Jorge Papadopoulos von dort nach Saria, das nur rund 100 Meter Meer von Karpathos trennen. Seit 30 Jahren ist Saria unbewohnt. Nur zur Olivenernte kommen die Grundeigentümer in das Naturparadies, in dem Esel und Ziegen wild leben. In dem seltene Vögel nisten. Wo es Mönchsrobben gibt.

Michalis, der einst auf Saria lebte, macht sich mit auf den steinigen Weg über die Insel. Unterwegs will er nach dem Häuschen sehen, das er verlasssen hat. Auch Elias, dessen Großeltern auf Saria lebten, ehe sie, wie so viele in der Region, in die USA emigrierten, macht sich mit auf die Trekkingtour, die Foteini Fragou führt. Die Bankangestellte widmet sich in jeder freien Minute dem Tourismus, der auf Kárpathos, der „kleinen Schwester“ des benachbarten Rhodos, noch keine Spur der Zerstörung zog.

Rund vier Stunden lang wandern wir auf Pfaden, die die Bewohner von Saria einst mühsam, Stein für Stein, befestigt haben. „Esel zeigten ihnen den Weg“, erklärt Foteini. So trittsicher wie sie ist kein Mensch.
Ein gestresster Bankensanierer aus Mailand ist mit von der Partie. Und eine IT-Projektmanagerin aus Amsterdam lebt auf, so ungeschminkt zu Fuß auf dem Weg nach Argos. Die Ruinenstadt war einst der Hauptort von Saria. Von dort geht es einen ausgetrockneten Flusslauf abwärts, in die Bucht, in der die „Manolis“ auf uns wartet. Das Boot und ein Esel, der erwartungsvoll an unseren Taschen schnuppert, ehe er enttäuscht, aber gelassen, abzieht: Nichts Fressbares! Und der Duft nach wildem Salbei und Thymian ist für ihn ja nichts Besonderes.

Traditionelle Idylle

Nach einem Bad in der Bucht wartet der nächste Höhepunkt der Reise: Ein Zwischenstopp in Olymbos. In dem Dorf, das im Norden der Insel an den Felsen klebt, tragen viele Frauen – angeblich nicht nur für die Touristen – ursprüngliche Trachten. Der Lehrer und Papa Ioannis, der orthodoxe Priester, haben das Sagen im 99-Seelen-Ort, in dem wir speisen wie die Götter: gefüllte Zucchiniblüten, Moussaka, griechischer Salat . . .
Mit dem Mietwagen geht es dann zurück „heim“ nach Pigadia alias Karpathos, die Inselhauptstadt. Kurvig ist die Straße, aber großteils fast neu. Nur die Steinschlaggefahr ist nicht zu unterschätzen.

Doch das Glück ist uns gnädig. Auch tags darauf sorgt der Wettergott für ideale Konditionen, als wir nur einige der mehr als 100 Strände der Dodekanes-Insel erkunden: die beinahe kitschig schöne Bucht von Kyra Panagia lassen wir hinter uns. Denn es zieht uns nach Ápella, an einen Strand, der laut Experten zu den sieben Schönsten der Welt zählt. Erholung ist jetzt angesagt. Abtauchen. Kárpathosblaumachen.

Denn noch am selben Tag geht es in den Westen der Insel, auf der einst die Titanen gelebt haben sollen: nach Mesochori. Konkret nach Lefkós. Ins malerische Café Skopi, in dem der nächtse Manolis, Manolis Nouarakis, aber recht lang auf uns warten muss. Denn wir sind mehreren Mietautos unterwegs und einer der Lenker vertraut auf sein Navi. Eine Stunde lang holpern wir alle hinter ihm her durchs Gelände. Herdentrieb. Einem (vierbeinigen) Esel könnte das nicht passieren.

Manolis auch nicht. „Auf Kárpathos sind die Straßen asphaltiert“, sagt er zur Begrüßung. Grinsend. Und ein wenig stolz.