Er zieht die Fäden. Unauffällig, im Hintergrund wie ein Marionettenspieler. Anwesend, ohne sichtbar zu sein. Viele in Wien kennen seinen Namen, ohne ihn je persönlich gesehen zu haben: Juweliere, Restaurantbesitzer, Feinkostladeninhaber . . . Thomas Haftner hat ihre Nummer.

Der 34-Jährige ist seit mittlerweile zehn Jahren Chef-Butler im Wiener Hotel Imperial, wo Morgenstund noch Gold im Mund hat - sei es bei den Armaturen im Bad oder den Verzierungen am Bett. Auch Vorhänge sind hier noch aus schwerem Stoff und können nur von dicken Kordeln gebändigt werden. Thomas Haftner - "Herr Thomas sagt eigentlich keiner zu mir, sondern einfach nur Thomas" - empfängt seine Gäste standesgemäß in der Fürsten-Suite: 160 Quadratmeter, Kristallleuchter, sieben Meter hohe Stuckdecke. Hallo, Echo.

Breitengrad der Höflichkeit

Der personifizierte Dienstleister trägt einen faltenfreien Frack und ein strahlend weißes Mascherl, das sich wie sein Lächeln von West nach Ost spannt - ein Breitengrad der Höflichkeit. In der Intimzone Zimmer gibt es nur zwei Extreme: unsichtbar oder zuvorkommend.

Eigentlich wisse er gar nicht so genau, was er denn überhaupt erzählen soll, das alles käme ihm überhaupt nicht mehr speziell vor, sagt der gelernte Restaurantfachmann und Koch, der vom früheren Chef-Butler des Hotels eingewiesen wurde, bevor dieser in einen Privathaushalt wechselte.

In Großbritannien, den Niederlanden oder den USA gibt es spezielle Butler-Schulen. In Haftners Fall war es aber Learning by Doing. Ob er je das Gefühl gehabt habe, zu dienen, oder herablassend behandelt wurde? "Nein, ich sehe mich selbst mehr als persönlichen Concierge. Man begegnet sich eigentlich immer auf Augenhöhe", sagt der Butler, der unter anderem schon Madonna, Bruce Willis, Angelina Jolie und Brad Pitt in den luxuriösen Suiten begrüßen durfte.

© Jürgen Fuchs

Für Haftner seien Vasen, in denen man auf keinen Fall die Stiele der Blumen sehen darf, der Umbau einer Suite zum Fitnesscenter oder die Anfertigung einer kleinen Holztreppe für Schoßhunde, damit sie das Frauerl nicht aufs Bett heben muss, schlicht und einfach Berufsalltag. "Mich wundert überhaupt nichts mehr."

Gemeinsam mit seinen beiden Kollegen ist der Chef-Butler für das Wohlbefinden jener Gäste verantwortlich, die in den Suiten logieren. Das Butler-Service gibt's hier als kostenloses Sahnehäubchen obendrauf.

Es beginnt mit der persönlichen Begrüßung, dem Einchecken in der Suite und spannt sich weiter bis zur Organisation des Heiratsantrages, des persönlichen Shopping-Trips in Geschäften, die hierfür exklusiv ihre Tore öffnen, oder der Erfüllung eines anderen Sonderwunsches. "Am wichtigsten ist ein gutes Netzwerk und vor allem Diskretion", sagt Haftner mit dem Nachsatz, dass manche männliche Gäste eben sehr viele gut aussehende, junge "Nichten" hätten - der Butler sieht's und schweigt.

Smartphone als Konkurrenz

"Es kommen alle. Die, die in Reichtum und Luxus aufgewachsen sind, und jene, die erst durch einen Lotto-Sechser reich wurden. Erstere Kategorie nimmt den Service mit gelassener Selbstverständlichkeit in Anspruch. Die letztere scheut sich dann doch davor und befragt eher das Smartphone, das auch eine Art Konkurrenz für mich ist."

© Jürgen Fuchs

Einen arabischen Gast hat Haftner einmal darauf hingewiesen, dass es bei der Airline Probleme geben könnte, wenn er in Österreich einen Hund kauft und ihn ohne Papiere im Flugzeug transportieren will. Die Antwort des Gastes: "Das glaube ich nicht. Die Airline gehört mir." Neid sei bei ihm aber noch nie aufgekommen, da er immer wieder sehen könne, dass Reichtum seinen Preis hat. So würde er manchmal von älteren Gästen aus Einsamkeit in Gespräche verwickelt.  "Im Endeffekt sind alle normale Menschen", so Haftner. Wie der Butler selbst, der feierabends den Frack gegen Polo und Jeans tauscht. Dien(st)schluss.