Sie sind eine der wichtigsten Attraktionen Rügens: die Kreidefelsen der Halbinsel Jasmund. Doch die weltbekannte Steilküste ist ständigen Veränderungen unterworfen. Gerade bei starkem Regen drohen Küstenabbrüche - wie jetzt wieder.

Weiße Kreidespitzen vor blauem Meer, umrahmt von Schatten spendenden Buchen: Die Wissower Klinken, die Caspar David Friedrich 1818 gemalt und weltberühmt gemacht hat, sehen heute ganz anders aus als zur Hochzeit der deutschen Romantik. Immer wieder verändert sich die weiße Küste im Nationalpark Jasmund. Große und kleine Abbrüche sind vollkommen normal. Gerade im Herbst und zum Ende des Winters hin rutschen in jedem Jahr enorme Menge des weichen Gesteins ins Meer. Doch auch im Sommer steigt die Gefahr bei extremen Wetterverhältnissen wie den Starkregenfällen der letzten Wochen.

So sind am letzten Juliwochenende mehrere tausend Kubikmeter in der Nähe des Kieler Ufers ins Meer gerutscht. Der Abbruch reicht rund 100 Meter in die Ostsee hinein. Hinzu kamen mehrere kleine Abbrüche etwa in der Nähe der Wissower Klinken. Erst mit besserem Wetter kam die Kreideküste vorerst zur Ruhe.

"Die Gefahr neuer Abbrüche ist aber weiterhin sehr groß", sagt Katrin Bärwald von der Außenstelle Jasmund des Nationalparkamtes Vorpommern. "Noch immer ist der Boden in der Region vollständig mit Wasser gesättigt." Manche Radwege im Park sind nach wenigen Sonnentagen noch immer überflutet und nur schwer passierbar. Und das Wasser macht Mergel- und Kreideschichten zu Rutschbahnen für die darüber liegenden Schichten. "Vor Spaziergängen am Fuß der Steilküsten müssen wir daher dringend warnen." Und sollte es wie angekündigt am Wochenende wieder regnen, werde das Risiko noch größer werden, dass wieder einzelne Küstenabschnitte abstürzen.

Die Ausmaße der Küstenabbrüche in diesem Sommer sind im Übrigen im Vergleich zu früheren Ereignissen noch relativ gering. Im November vergangenen Jahres etwa waren rund 10 000 Kubikmeter nahe dem Kollicker Ufer rund drei Kilometer südlich des Königsstuhls abgestürzt. Dabei handelte es sich um den größten Abbruch seit Frühjahr 2008. Damals verlor der 13 Kilometer lange Küstenabschnitt rund 25 000 Kubikmeter.

Allerdings sind auch solche gigantischen Vorkommnisse kein Grund, mit dem Verschwinden der Kreidefelsen insgesamt zu rechnen. "Auch in zehntausend Jahren wird es noch Kreidefelsen geben", meint Bärwald. Denn die markanten Kreideschichten, die die berühmte Küstenlinie bilden, ziehen sich bis weit ins Hinterland hinein. Nur sind sie dort heute noch von mehr oder weniger starken Bodenschichten bedeckt. Dass sich die Form der Küste ständig ändert, das gehört für Bärwald einfach zum natürlichen Lauf der Dinge in einem Nationalpark.

Kreidefelsen und die seit 2011 zum Welterbe der Unesco gehörenden Buchenwälder sind der Grund, weshalb jährlich rund eine Million Besucher in Deutschlands kleinsten Nationalpark kommen. Damit gehört er zu den Hauptattraktionen in ganz Mecklenburg-Vorpommern.