Die Aufgabe der Volksanwaltschaft ist es, Menschen zu helfen, die sich von einer österreichischen Behörde ungerecht behandelt fühlen. Trotz Corona waren es auch im Vorjahr die "üblichen" Bereiche, zu denen es Beschwerden der Bürger und Bürgerinnen gab. Im Falle von Werner Amon ging es in vielen Fragen um  Gemeindeverwaltung, Bau- und Raumordnung, Wohn- und Siedlungswesen. Im Livestream der Kleinen Zeitung mit Werner Amon drehte sich auch fast alles um diese Bereiche.

Fragen und Antworten

Unsere Wohnanlage wurde vom Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz baurechtlich genehmigt. Die Genehmigung widerspricht aber baurechtlichen Bestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes. Es gibt ein  Sachverständigen-Gutachten, dass diese baurechtlichen Mängel bestätigt, aber die Baubehörde reagiert nicht. Wir sind als Wohnungseigentumswerber auch seit dreieinhalb  Jahren nicht ins Grundbuch eingetragen, haben deshalb keine Parteienstellung  und können und gegen die widerrechtlich erteilten Genehmigungen nicht juristisch vorgehen. Was sollen wir tun?
WERNER AMON: Zunächst einmal haben nur eingetragene Miteigentümer Parteienstellung im Bauverfahren. Wenn es zu Baumängeln kommt, ist die Baubehörde grundsätzlich zuständig. Wenn sie nicht tätig wird, kann man sich an uns wenden. Zu diesem konkreten Fall liegt uns auch schon ein Vor-Akt vor: Es gab hier einigen Anzeigen in der Bauführung, wir haben das überprüft, ebenso wie die Behörde auf Landesebene. Die Behörde ist hier schon mehrfach aktiv geworden, der Bauführer hat hier unserer Information nach auch mehrfach reagiert. Aber wie gesagt: Wenn es eine Anzeige bei der Baubehörde gibt, muss diese aktiv werden, wenn das nicht geschieht kann man sich in weiterer Folge gern auch an uns wenden.

Meine Mutter hat ihr Haus vor 2 Jahren an ihre Enkelin übergeben – per Übergabevertrag mit Wohnrecht.  Jetzt hat meine Mutter eine 24-Stunden-Betreuung. Die Vermittlungsagentur hat einen Antrag auf Unterstützung/Zuschuss an die BH übermittelt, da sich meine Mutter die Betreuung nicht leisten kann. Hat die BH nun auf die Liegenschaft meiner Tochter aufgrund des Übergabevertrages ein Regressrecht?
WERNER AMON: Grundsätzlich ist ja zu sagen, dass der Regress abgeschafft worden ist. Im Detail müsste man sich natürllich ansehen, was im Detail in diesem Übergabevertrag steht. Solange die BH hier aber keine Forderungen erhebt und wir nun gegenüber Behören aktiv werden können, können wir hier als Volksanwaltschaft nicht aktiv werden. Ich möchte aber empfehlen, wenn es sich um einen bäuerlichen Übergabevertrag handelt, sich etwas an die Landwirtschaftskammer zu wenden, die kann hier unmittelbar eine Hifestellung geben – oder sich einen Rechtsbeistand zu nehmen.

Ich selbst betreibe mit meinem Mann eine Landwirtschaft. Unser Nachbar ist gerade dabei, sein Grundstück zu verkaufen: Baugrund und Wald. Wir würden gern nur den Wald zu unserer Landwirtschaft dazukaufen, er will aber nur beides gemeinsam verkaufen. Meine Frage: Kann es überhaupt sein, dass die Bauwidmung nun seit den 1980er-Jahren aufrecht ist, obwohl nie zu bauen angefangen wurde?
WERNER AMON: Das kann natürlich sein. Wenn der Bescheid aufrecht ist, dann ist er aufrecht. Dann ist er rechtsgültig.  

Wie kann ich die von der Gemeinde nicht genehmigte Aufschüttung auf dem einem Grundstück wegbekommen? Die BH weigert sich, den Besitzer des Grundstücks, der schon die dritte Aufforderung zur Beseitigung des Schutts erhalten hat, zur Entfernung zu zwingen. Es wurde bei einer Begehung durch  BH auch leicht kontaminierter Boden festgestellt. Können Sie mir helfen?
WERNER AMON: Ganz grundsätzlich ja. Es ist so, dass Exekutionstitel prinzipiell zu vollstrecken sind. Natürlich dauern solche Verfahren manchmal etwas länger und erfordern ein größeres Maß an Geduld, vor allem wenn es um Verwaltungsvollstreckungsverfahren geht. Hier handelt es sich wohl um einen Routinefall für die Volksanwaltschaft. Ich kann der Dame nur anbieten, dass sie uns die Unterlagen schickt. Dann können wir ein Prüfverfahren einleiten.

In unserem Siedlungsgebiet mit rund 2000 Haushalten wird eine seit 30 Jahren bestehende Sackgasse zu einer Durchzugsstraße ausgebaut. Das Verkehrsaufkommen erhöht sich dann von derzeit zirka  200 Autos auf 5000 Autos pro Tag. 80 Schönbergartenbesitzer, die nur ein halbes Jahr ihre Gärten benützen, bekommen eine Lärmschutzwand. Wir, die ganzjährig hier wohnen und direkt an die Straße angrenzen, bekommen keine. Können Sie uns bei dieser Ungerechtigkeit helfen?
WERNER AMON: Aufgrund der gemachten Angaben ist es uns möglich, die betroffene Behörde sofort aufzufordern, uns eine Stellungnahme zu übermitteln. Wir werden das auch machen. Wir werden die Dame dann auch umgehend über die Stellungnahme informieren und sehen uns dann an, ob hier ordnungsgemäß vorgegangen wurde.

Was die Volksanwaltschaft in der Pandemie beschäftigt

  1. Immer wieder berichteten der Volksanwaltschaft im Vorjahr betroffene Menschen von Härtefällen bei der Verfolgung durch die Polizei und die anschließende Bestrafung durch die Gesundheitsbehörden, insbesondere während des ersten Lockdowns. Amon: „Aufgehoben werden können derzeit jedoch nur Strafbescheide, nicht aber Organstrafmandate, die gleich ohne Verfahren bezahlt wurden.“

  2. In Anfragen von Unternehmern sei es wiederum häufig um den sogenannten „Fixkostenzuschuss I“ gegangen, bei dem sich die Auszahlungen allzu bürokratisch gestaltet haben.

  3. Die Covid-19-Maßnahmen betrafen aber auch viele 24-Stunden-Pflegekräfte aus dem Ausland. Sie bekamen trotz hoher Verdienstrückgänge wegen geschlossener Grenzen oft keine Unterstützung aus dem Härtefallfonds, unter anderem, weil sie kein Konto bei einer österreichischen Bank hatten. „Das ist klar EU-rechtswidrig“, wie die Volksanwaltschaft betont.

  4. Beschwerden häuften sich auch beim Corona-Familienhärtefonds: Familien, die unverschuldet in Not geraten sind, erhofften sich unbürokratische und rasche Hilfe. „Aber selbstständig Erwerbstätige erhalten den gesamten Unterstützungsbetrag erst, wenn der Einkommensverlust mittels Steuerbescheid berechnet werden kann – also um ein Jahr zu spät für schnelle Hilfe.“

  5. Im Bildungsbereich betrafen viele Anfragen das Homeschooling und die Zentralmatura während der Pandemie.

  6. In Alten- und Pflegeheimen fühlten sich bekanntermaßen viele Menschen durch Covid-19-Maßnahmen bedroht und entmündigt. „Als Volksanwälte haben wir wiederholt darauf hingewiesen, dass die sehr restriktiven Vorschriften – etwa Besuchsverbote, Ausgangsverbote und Isolation – teilweise ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind“, sagt Amon stellvertretend für seine Kollegen.

  7. Zusätzlich waren auch die Maßnahmen, die bereits im Frühjahr zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus in den Gefängnissen gesetzt wurden, massiv. Daher habe die Volksanwaltschaft schon im März des Vorjahres eine begleitende Prüfung eingeleitet und sei auch laufend über die Veranlassungen der Generaldirektion für den Strafvollzug informiert worden. Das Resultat: „Die Einschränkungen für Häftlinge waren weitreichend, aber – wie der internationale Vergleich gezeigt hat – verhältnismäßig.“