Für einen Mietgegenstand, der durch „außerordentliche Zufälle“ wie etwa ein Feuer unbrauchbar geworden ist, muss man keinen Mietzins bezahlen. So regelt es das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch. Wieweit auch die aktuelle Corona-Pandemie mit den behördlich angeordneten Geschäftsschließungen einen Mietgegenstand tatsächlich unbrauchbar macht, wurde vor einem Jahr zur großen Streitfrage.


Einer, der sowohl Mieter als auch Vermieter in dieser Sache schon mehrmals vor Gericht vertreten hat, ist der Kärntner Rechtsanwalt Klaus Haslinglehner. Seine Erfahrung zeigt: Die stärkeren Argumente – wenn auch immer einzelfallbezogen - liegen tendenziell auf Mieterseite.
Zur Auffassung von Vermietern, dass die Pandemie den Mietgegenstand per se ja nicht unbrauchbar macht (wie etwa ein Wasserschaden), und deshalb auf jeden Fall eine Zahlungspflicht besteht, sagt Haslinglehner: „Ob eine Substanzschädigung vorliegt oder nicht, ist irrelevant. Entscheidend ist, ob die Gebrauchsmöglichkeit objektiv – gemessen am Vertragszweck (etwa Verkaufslokal, Schulungsräume etc.)– beseitigt oder eingeschränkt ist.“


Abhängig davon, ob so ein Vertragszweck im Mietvertrag steht, oder ob „branchenfrei“ vermietet wird, ergeben sich zwei unterschiedliche Szenarien, wie der Anwalt betont. „In einem Fall, bei dem ich einen Mieter vertreten habe, war der schriftlich vereinbarte Vertragszweck der Betrieb einer Wohngalerie - also Möbelhandel und Verkauf von Wohnaccessoires“, nennt er ein Beispiel.

"Wohngalerie" im ersten Lockdown

Im ersten Lockdown durften derartige Betriebsstätten nicht mehr von Kunden betreten werden. „Der Betrieb der Wohngalerie war unter diesen Umständen unmöglich und somit auch die Erfüllung des Vertragszweckes.“ Der Vermieter wehrte sich gegen die Mietzinsbefreiung mit dem Argument, dass die Räume ja immerhin als Warenlager nutzbar seien und ein solches typischerweise als Betriebszweck eines Verkaufslokals nötig sind. „Der Sinn einer Wohngalerie ist aber die Veräußerung von Waren.“ Dass das Bestandsobjekt allenfalls auch als Lager genutzt werden könnte, sei irrelevant, erklärt Haslinglehner. Wichtig zu wissen: Die beiden Parteien haben sich in diesem Fall zu einem Vergleich entschieden.


In einem anderen Fall des Anwalts war eine „branchenfreie“ (also nicht genauer definierte) Vermietung zu Geschäftszwecken vereinbart wird. „Der Mietgegenstand wurde aber mit Zustimmung des Vermieters seit jeher zur Abhaltung von Schulungen genutzt.“ Zwischen 16. März und 31. Mai 2020 war eine Ausübung dieser Tätigkeit durch die Verordnung des Gesundheitsministers nicht möglich. Schulen und Bildungseinrichtungen waren im fraglichen Zeitraum ebenfalls geschlossen – „somit war auch die Erfüllung des Vertragszweckes unmöglich“, sagt der Jurist.

Zum Einwand des Vermieters, die Räume hätten auch anders genutzt werden können, sagt Haslinglehner: „Ob eine Mietzinsbefreiung vorzunehmen ist, hängt vorrangig von der bisher im Mietobjekt zulässig ausgeübten Tätigkeit ab. Und diese bestand hier im ,Betrieb von Kursen in den Schulungsräumen', was leicht beweisbar war.“ Auch hier endete der Streit in einem Vergleich.


Bisher ging es bei gerichtlichen Auseinandersetzungen über Geschäftsraummieten, wie sie Haslinglehner erlebt hat, immer um den ersten Lockdown. „Was hier gilt, gilt aber auch für den zweiten und dritten Lockdown und etwaige zukünftige“ sagt der Anwalt, fügt aber hinzu: „Das Thema ist bislang noch nicht ausjudiziert. Bisher wurde noch kein Corona-Fall vom OGH entschieden.“ Diese Unsicherheit und die Tatsache, dass zwischen Mietern und Vermietern in den meisten Fällen langjährige Geschäftsbeziehungen bestehen, die man nicht unbedingt aufgeben will, haben Haslinglehners Klienten letztlich bisher immer zu einem Vergleich bewegt. „Meine Empfehlung geht auch eindeutig in diese Richtung“, bringt es der Rechtsexperte auf den Punkt.