Auch wenn alle Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden: Ein gewisses Covid-19-Risiko ist heuer bei allen Menschenansammlungen mit dabei. Auch im Feriencamp. In Graz wurden unlängst ja 130 Kinder vorzeitig von einem Sommercamp nach Hause geschickt, weil es mehrere Coronafälle gab. Eltern haben in Fällen wie diesen gleich mehrere Probleme auf einmal. Zur Sorge um die Gesundheit des Kindes und Quarantäne-bedingte Einschränkungen kommen Fragen wie: Wer betreut jetzt das Kind, das ja eigentlich noch im Camp sein sollte? Bleibe ich auf den vollständigen Kosten für das Camp sitzen? Was mache ich mit dem bereits gebuchten Kinder-Schwimmkurs hinten nach, den ich auch schon bezahlt habe?

Über all dem steht freilich die Frage: Wäre die Ansteckung meines Kindes nicht vermeidbar gewesen? Sind im Camp alle nötigen Schutzbestimmungen eingehalten worden - und wenn nicht: Wer haftet für den Schaden, den ich dadurch letztendlich auch finanziell erlitten habe? Der Grazer Rechtsanwalt Harald Christandl sagt dazu: "Zwischen den Eltern und dem Betreiber des Ferienlagers wird ob der Betreuung des Kindes ein Vertrag geschlossen. Dabei gelten auch vorvertragliche Nebenpflichten, die auch als Schutz- und Sorgfaltspflichten bezeichnet werden." Gerade im Zusammenhang mit Covid-19 habe der Gesetzgeber für Ferienlager in der COVID-19-Lockerungsverordnung eine explizite Bestimmung vorgesehen, die Folgendes besagt:

  1. Bei der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit oder bei betreuten Ferienlagern kann
    1. der Mindestabstand von einem Meter gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, und
    2. das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenen mechanischen Schutzvorrichtung entfallen,
    sofern seitens des Trägers ein COVID-19-Präventionskonzept erstellt und umgesetzt wird.

  2. Dieses Präventionskonzept hat insbesondere Folgendes zu enthalten:
    1. Schulung der Betreuer,
    2. spezifische Hygienemaßnahmen,
    3. organisatorische Maßnahmen, darunter die Gliederung in Kleingruppen von maximal 20 Personen, wobei die Interaktion zwischen den Kleingruppen auf ein Mindestmaß reduziert wird. Zwischen den Gruppen darf der Abstand von einem Meter nicht unterschritten werden. Personen, die zur Durchführung des Ferienlagers erforderlich sind, sind in diese Höchstzahl nicht einzurechnen.
    4. Regelungen zum Verhalten bei Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion.
    Das COVID-19-Präventionskonzept kann auch ein datenschutzkonformes System zur Nachvollziehbarkeit von Kontakten wie beispielsweise ein System zur Erfassung von Anwesenheiten auf freiwilliger Basis beinhalten.

Einfach gesagt: Von der Schutzmaske und dem Mindestabstand kann dann abgegangen werden, wenn ein entsprechendes Präventionskonzept erstellt und umgesetzt wird. "Die Vorgaben zum Präventionskonzept sind allerdings schwammig formuliert, weil die Aufzählung der geeigneten Maßnahmen nach meiner Ansicht keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt", wendet Christandl ein. Sinn und Zweck dieser Präventionskonzepte sei jedenfalls die Vorbeugung gegenüber einer Ansteckung und insbesondere die Einhaltung der Vorsorgemaßnahmen zu gewährleisten, sodass ein „gleichwertiger Schutz“ gewährleistet wird.

Beweise sichern

Um nun beurteilen zu können, ob ein Feriencamp-Veranstalter oder ein Betreuer haftet, wenn ein Kind im Camp an Covid-19 erkrankt, muss man wissen, ob das vermutlich vorliegende Präventionskonzept de facto eingehalten wurde oder nicht. Christandl: "Dies ist notwendig, um beurteilen zu können, ob eine mögliche Beanstandung durch Missachtung derselben möglich ist." Daneben müsse der Beweis erbracht werden, dass seitens des Ferienlagerbetreibers bzw. des Verantwortlichen ein Verhalten gesetzt wurde, das die Ursache für eine Ansteckung war, dann ist sogenannte Kausalität gegeben. "Zudem muss man wissen, ob der Betreuer sorglos gehandelt hat, sich in seiner Freizeit zum Beispiel bewusst einem hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt hat. Darzustellen ist auch, inwieweit aufseiten des Veranstalters Sorglosigkeit gegeben war", betont der Rechtsanwalt. Ganz grundsätzlich bestehe aber durchaus die Chance, erlittene Schäden im Zusammenhang mit einer Ansteckung mit Covid-19 im Feriencamp geltend zu machen. Wichtiger Zusatz: "Gleichzeitig darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass gerade auf der Tatsachenebene Beweisschwierigkeiten bestehen können, die mitunter über das Schicksal eines Schadenersatzes entscheiden."

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