Hier ein Warengruppenrabatt und dort ein 25 Prozent-Gutschein fürs „Lieblingsprodukt“. Keine Woche, in der Supermärkte nicht mit Super-Sonderangeboten locken. Man fragt sich schon, wer überhaupt noch jemals den „Normalpreis“ für etwas bezahlt. Der Verein für Konsumenteninformation zeigt jetzt in einer Langzeitstudie, dass Konsumenten mit den Aktionen im Prinzip ausgetrickst werden. Hier gehts zum kostenpflichtigen Test.  „Erstens erschweren die Aktionen die Vergleichbarkeit von Preisen und hemmen somit den Wettbewerb. Zweitens – und das wiegt noch schwerer – sind Rabatte genau genommen künstliche Preisaufschläge: Um einen Nachlass gewähren zu können und trotzdem einen positiven Deckungsbeitrag zu generieren, muss der reguläre Preis (oft auch als Statt-Preis oder wissenschaftlich als Mondpreis bezeichnet) von vornherein höher angesetzt werden. Ein mieser Trick“, erklären die Konsumentenschützer.

Insgesamt zehn Monate lang haben sie Flugblätter von Supermärkten ausgewertet und mit den Aktions- und Rabattangeboten in den Supermärkten vor Ort abgeglichen. Zum besseren Vergleich wurden ausschließlich Markenartikel analysiert, die bei Billa, Merkur, Penny (REWE-Konzern) und Interspar angeboten wurden. Lidl und Hofer waren auch mit im Rennen, durch das beschränkte Angebot an Markenartikeln aber nicht bei jedem Produkt. In der Langzeitanalyse von elf Produkten hat sich bestätigt: „So manches Produkt mit Rabattpreis ist nicht günstiger als regulär bei der Konkurrenz oder nur dann, wenn man mindestens zwei Stück davon nimmt. Das führt genauso wie die 25-Prozent- Aktionen oft dazu, dass bei Weitem mehr gekauft wird als geplant“, warnen die VKI-Experten. Für die Marketing-Strategen der Supermarktketten heißt das dann wohl: „Mission erfüllt“.

Ein Produkt, mehrere Preise: Wie geht das?

Unterschiedliche Preise für identische Dienstleistungen oder Waren – das kennt jeder, der im Urlaub vielleicht schon einmal feststellen musste, dass er für sein Zimmer oder seinen Flug mehr gezahlt hat als sein Sitznachbar. Oder der sein Auto morgens aufgetankt hat und bei der Rückfahrt am Nachmittag feststellt, dass der Treibstoffpreis nun deutlich günstiger wäre. In der Fachsprache wird hier von der Preisdifferenzierung gesprochen. Sie kann auf vielerlei Weise umgesetzt werden, etwa räumlich (je nach Standort oder Region, z.B. durch höhere Preise in Touristen-Hotspots), zeitlich (etwa bei Früh- oder Last-Minute-Buchungen), durch Kundenbindung (Stammkunden-, Treuebonus) oder auch je nach Zielgruppe.

Früher wurde gefeilscht

In ihrer Urform fand die Preisdifferenzierung durch Handeln und Feilschen am Markt statt: Der Verkäufer setzte den Preis unter anderem danach an, für wie zahlungskräftig und interessiert er den Kunden einschätzte. Durch die Möglichkeiten der Digitalisierung und das Wissen über die individuellen Kaufgewohnheiten wird die ganz persönliche Preisdifferenzierung, also die Festsetzung des Preises für jeden Einzelnen, nun wieder realistisch. Erste Versuche und Pilotprojekte gibt es bereits. Bei Netto und Penny in Deutschland werden mit einer Kundenkarte beim Betreten der Filiale individuelle Rabatte an einem Automaten abgeholt. Laut dem Betreiber des neuen Systems konnte dadurch der Umsatz in den beteiligten Filialen um 15,8 Prozent und die Gewinnspanne um 36,4 Prozent gesteigert werden.

Reinfall Bier-Aktion

Bier zählt zu den Klassikern unter den Aktionswaren und kommt in den Flugblättern als Kundenköder immer prominent vor. Das zeigte deutlich die Bier-Aktionitis bei Billa, Merkur und Interspar: Innerhalb von 25 Wochen wurde nur fünf Mal eine der Marken Gösser, Stiegl und Wieselburger nicht von einem der drei Anbieter verbilligt angeboten. Was dabei besonders auffiel: Bei allen drei Anbietern kostete die Kiste Wieselburger in einer „normalen Aktion“ 14,40 Euro statt 18,40 Euro. Gab es allerdings die Aktion „25 % auf Bier“, lautete der Aktionspreis 16,20 Euro statt 18,40 Euro – von diesem noch einmal 25 % abgezogen, wären das eigentlich 12,15 Euro pro Kiste. „Woher der neue Aktionspreis von 16,20 Euro kommt, weiß wohl nur der Preisverantwortliche. Die gleichen Spielchen waren bei Gösser Märzen und Stiegl zu beobachten – Musterbeispiele dafür, wie Kostenwahrheit und Transparenz außen vor gelassen werden“, kritisiert man beim VKI.

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