In Haushalten, die eine 24-Stunden-Betreuung für eine pflegebedürftige Person benötigen, haben sich in der Zeit vor Corona üblicherweise zwei Personen im 14tägigen Wechsel diesen Job geteilt. Dafür gab/gibt es eine Förderung des Sozialministeriums in der Höhe von 550 Euro pro Monat. Ist nur Person über einen ganzen Monat oder darüber hinaus für die 24-Stunden-Betreuung eines Menschen in einem Haushalt tätig, halbierte sich der Förderbetrag bisher auf 275 Euro. Einfach gesagt: Es gab bisher pro Betreuungsperson pro Monat einen Förderbeitrag von 275 Euro.

Auf die Ausnahmefälle von dieser Regelung soll hier nicht weiter eingegangen werden. In der aktuellen Corona-Krise bleiben 24-Stunden-Betreuerinnen zum vereinbarten Wechsel mit ihren Kolleginnen immer häufiger aus, weil ihnen infolge von Reisebeschränkungen der Grenzübertritt verwehrt ist. „Wenn eine 24-Stunden-Betreuerin aber länger vor Ort bleiben muss, weil sie von ihrer Kollegin nicht turnusmäßig abgelöst werden kann, gab es dafür bislang keine Förderung bzw. nur die 275 Euro pro Monat“, sagt Alexander Gratzer, der die Abteilung Gesundheit, Pflege und Betreuung bei der Arbeiterkammer Steiermark leitet. Für Betroffene hat er gute Nachrichten: „Seit 25. März gibt es eine neue Richtlinie, die vorsieht, dass für die Dauer der Pandemie der volle monatliche Förderbetrag in der Höhe von 550 gebührt, auch dann, wenn Mangels Ablöse die vor Ort befindliche Betreuungsperson länger bleibt.“ Was genau unter „Dauer der Pandemie“, die ja ein weltweites Phänomen ist, sei freilich unklar, aber im Moment gelte: „Familien, die eine durchgehende Betreuung durch eine selbstständig erwerbstätige Person in Anspruch nehmen, die länger als 14 Tage bleibt, bekommen während der Pandemie auf jeden Fall 550 Euro Zuschuss pro Monat.“ Das Prozedere beim Sozialministerium? „Die Behörde prüft sowieso die 24-Stunden-Betreuungsperson, die jetzt vor Ort ist,- prüft, ob sie sozialversichert ist und ob die Sozialbeiträge abgeführt werden, und dann erst gibt es die Förderung. Ich würde also einfach eine E-Mail ans Sozialministerumsservice schicken, dass die Pflegekraft da bleibt, weil ihre Kollegin nicht kommen kann.

Kehrt eine 24-Stunden-Betreuungsperson ohne Ersatz in ihre Heimat zurück, dann stellt sich für jene, die trotz Corona regulär arbeiten müssen, die Frage der Versorgung allerdings von Neuem. „Wenn Ihnen trotz Betreuungsnotwendigkeit sonst keine andere Betreuungsperson zur Verfügung steht, liegt ein berechtigter Dienstverhinderungsgrund (nach dem Angestelltengesetz bzw. nach dem AGBG) vor, den Sie Ihrem Arbeitgeber unverzüglich melden müssen. Die Dienstverhinderung ist im Regelfall mit einer Woche beschränkt, in seltenen Ausnahmefällen sind es bis zu zwei Wochen. Es gebührt in diesem Fall das volle Entgelt“, sagt Gratzer.

Pflegende Angehörige, die die Pflege und Betreuung eines Angehörigen ab Pflegegeldstufe 3 übernehmen, können auch eine zeitlich befristete Karenzierung vom Arbeitsverhältnis bzw. eine Reduzierung der Arbeitszeit vereinbaren. „Seit 1. Jänner 2020 besteht ein Rechtsanspruch auf Pflegekarenz im Ausmaß von vier Wochen. Darüber hinaus kann mit dem Dienstgeber eine Pflegekarenz für bis zu drei Monate vereinbart werden, damit muss der Dienstgeber aber einverstanden sein“, beschreibt Gratzer ein Instrument, das es schon vor Corona gab, das jetzt aber ein besonders wichtiger Rettungsanker für Menschen sein könnte, die einen pflegebedürftigen Angehörigen betreuen müssen. Eine einmalige Verlängerung dieses dreimonatigen Zeitraums ist übrigens möglich, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen – wenn sich der Zustand der betreuten Person verschlechtert. Der Arbeitsvertrag muss deshalb nicht aufgelöst werden.

Bezahlt wird Arbeitslosengeld

„Das Pflegekarenzgeld darf nicht mit den verschiedenen Corona-Maßnahmen verwechselt werden, die in der Regel eine Nettoersatzrate von 80 Prozent und mehr vorsehen“, warnt Gratzer. Pflegekarenzgeld gebühre in der Höhe des Arbeitslosengeldes, das sind zirka 55 Prozent des Nettoeinkommens. Warum sowohl Arbeitnehmer, als auch Arbeitgeber von dem Modell profitieren können: Pflegekarenz ist eine Karenzierung des Dienstverhältnisses, das Dienstverhältnis wird nicht aufgelöst, der Arbeitgeber hat keine Verpflichtungen in der Zeit, man bekommt in der Zeit vom Sozialministeriumsservice das Pflegekarenzgeld in der Höhe des Arbeitslosengeldes.

Voraussetzungen

Der Rechtsanspruch auf Pflegekarenz ist durchsetzbar, wenn im Betrieb mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt sind, das Arbeitsverhältnis ununterbrochen mindestens drei Monate gedauert hat (ausgenommen Saisonbetriebe) und die zu betreuende Person mindestens ein Pflegegeld ab der Stufe 3 bezieht. Bei minderjährigen oder an Demenz erkrankten Personen reicht auch ein Pflegegeld der Stufe 1. „Betroffene müssen den Arbeitgeber über die notwendige Angehörigenbetreuung binnen einer Woche informieren. Der Arbeitgeber seinerseits kann eine Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen und die Glaubhaftmachung des Angehörigenverhältnisses verlangen. Eine über vier Wochen hinausgehende Pflegekarenz verlangt eine schriftliche Vereinbarung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer“, erklärt der Experte. Das Angehörigenverhältnis ist sehr weit definiert.

Wie die Pflegekarenzzeit ausgedehnt werden kann

Abgesehen davon, dass bei einem jetzt noch berufstätigen Paar mit pflegebedürftigem Angehörigen, jeder der Partner Rechtsanspruch auf einen Monat Pflegekarenz hat, gibt es noch besondere Spielarten, wie Gratzer erklärt: "Grundsätzlich lässt sich Pflegekarenzgeld zwar nur für drei Monate in Anspruch nehmen, hat der Pflegebedürftige jedoch zwei Kinder, können diese sich abwechseln, jedes Kind könnte drei Monate Pflegekarenz in Anspruch nehmen. In Summe wäre dann eine Versorgung von sechs Monaten mit dieser Art der Zusammenrechnung möglich – wenn der Dienstgeber einverstanden ist.“

Damit man das Pflegekarenzgeld ab dem ersten Tag erhält, muss der Antrag binnen 14 Tagen ab Karenzbeginn beim zuständigen Sozialministeriumsservice gestellt werden. Für den Antrag sind weitere Nachweise erforderlich. 

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