Wer darf eine Privatstraße eigentlich benutzen? Und muss man es sich gefallen lassen, dass hausfremde Personen bzw. diverse Lieferdienste zu nachtschlafener Zeit mit ihren lauten Mopeds auf diesen Straßen "entlangknattern"? fragt sich unser Leser, den das empfindlich in seiner Nachtruhe stört. 

Der Leibnitzer Rechtsanwalt Wolfgang Reinisch sagt dazu: "Nach der herrschenden Rechtslage können in vielen Fällen auch Privatgrundstücke als Straßen mit öffentlichem Verkehr anzusehen sein. Ob dies konkret auch für den Wohnbereich Ihres Lesers zutrifft oder nicht, kann aufgrund der Angaben Ihres Lesers nicht eindeutig beurteilt werden. Aufgrund des von mir eingesehenen digitalen Katasters gehe ich aber mit relativ großer Wahrscheinlichkeit davon aus, dass eine Straße mit öffentlichem Verkehr vorliegt. Eine solche Straße kann von jedermann – und somit auch von Zustellern aller Art – unter gleichen Bedingungen benützt werden."

Zusteller sind jedenfalls zugelassen

Würde es sich tatsächlich um eine echte Privatstraße handeln, wäre, so der Anwalt, davon auszugehen, dass auch diese von Zustelldiensten grundsätzlich benützt werden kann. "Verfügungen über echte Privatstraßen sind von der Gesamtheit der Miteigentümer – nicht nach Köpfen sondern nach dem Ausmaß ihrer Miteigentumsanteile – zu treffen. Ordentliche Maßnahmen können mit einfacher Mehrheit, außergewöhnliche Maßnahmen nur mit Einstimmigkeit beschlossen werden." Nach Einschätzung des Juristen würde es sich bei einem beabsichtigten Verbot der Benutzung solcher Straßen durch (einzelne) Zusteller um eine außergewöhnliche Maßnahme handeln, die somit auch im Fall der echten Privatstraße wohl nur von allen Miteigentümern einstimmig beschlossen werden könnte.

Wie laut darf ein Moped eigentlich sein?

Zu dieser Frage erklärt Wolfgang Reinisch: "Gemäß Paragraf 8 der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung darf das Betriebsgeräusch zweigrädriger Kleinkrafträder – so heißen Mopeds in der Amtssprache – 71 Dezibel nicht überschreiten." Kleiner Zusatz: "Versucht man diese zulässige Lärmemission einzuordnen, so zeigt sich, dass 70 Dezibel der Lärmentwicklung eines Staubsaugers, Wasserkochers oder eines laufenden Wasserhahnes entsprechen. Auch für Rasenroboter wird ein vergleichbares Betriebsgeräusch angegeben. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals ein Moped wahrgenommen zu haben, dessen Betriebsgeräusch diesen Vorgaben und dieser Einordnung entsprochen hätte." In Wahrheit nähere sich das Betriebsgeräusch der meisten Mopeds der Schmerzgrenze, die bei etwa 120 Dezibel angenommen wird.

Mopedlenker bzw. Besitzer müssten dafür sorgen, dass dass das von ihnen verwendete Fahrzeug den gesetzlichen Vorgaben entspricht. "Sollte sich der Besitzer uneinsichtig zeigen, könnte mit entsprechenden Anzeigen bei der Polizei vorgegangen werden. Solange man sich dabei allerdings nur auf sein subjektives Lärmempfinden berufen kann, wird die Bereitschaft der Behörde, die Anzeige zu verfolgen, möglicherweise gering sein", wendet Reinisch ein.  Es gebe heute aber bereits Smartphone-Apps, die eine Lärmmessung ermöglichen. "Eine beim Moped vorgenommene Lärmmessung könnte als Bildschirmfoto gespeichert und als Beweismittel vorgelegt werden. Auch wenn einer solchen Messung mangels Eichung des Gerätes keine absolute Beweiskraft zukäme, könnte meines Erachtens die Behörde eine derartige Anzeige nicht einfach ignorieren, sondern müsste wohl eine Vorführung des Mopeds in einer amtlichen Prüfhalle verfügen."

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Benutzung von Straßen mit Fahrzeugen, die den einschlägigen technischen Normen entsprechen, selbstverständlich zu jeder Tages- und Nachtzeit zulässig ist. Gleiches gilt natürlich auch für die Benutzung von Mehr-Parteien-Wohnhäusern. Der Zugang zu jeder Wohnung ist sowohl für die Bewohner als auch für deren Besucher und allfällige Zusteller welcher Art immer zu jeder Tages- und Nachtzeit zulässig, soferne dabei die in der jeweiligen Tageszeit nach allgemeinen Maßstäben erwartbare Rücksichtnahme stattfindet.