Dating ist dieser Tage einfacher denn je. Schnell bei Tinder, Bumble und Co. angemeldet, ein paar Mal geswiped und schon sitzt man einem fremden Menschen gegenüber, mit dem man sich unterhalten kann – oder eben nicht. Aus dieser neuen „Freizeitaktivität“ hat sich in Wien ein Phänomen entwickelt – der „Tinder-Strich“, auch „Zoller-Strich“ oder „Kirchen-Strich“ genannt. In der Zollergasse und der Kirchengasse im Bezirk Neubau sind die hippen Lokale voll mit Menschen, die sich erstmals persönlich treffen. 

Warum gerade dort? „Die Lage ist zentral und die Lokale sind entspannt“, erzählt der 33-jährige Chris, der seit einem Jahr „tindert“. „Und von hier aus kommt man gut zu anderen Locations - wenn das Date gut läuft.“ Wer auf so einem Date ist, erkennt Chris sofort. „Das sieht man an der Körpersprache. Wenn sich beide vorlehnen, läuft es gut. Wenn es nur einer tut und der andere lehnt sich zurück, wird das wohl nichts mehr.“ Besonders erfahrene Dater wie der Web-Entwickler achten sogar auf die Sitzposition. „Wenn man sich gegenüber sitzt, wirkt das oft zu konfrontativ. Wer das vermeiden will, setzt sich seitlich nebeneinander.“ Situationen wie diese könne man in Zollergasse-Lokalen wie dem „Cafe Europa“, „Ganz Wien“ und im „Liebling“ täglich beobachten. Vor allem Donnerstags und Freitags, sagt Chris. „Das sind die typischen Dating-Tage. Wer sein Wochenende dafür opfert, gibt dem ganzen eine vielleicht zu große Bedeutung.“ 

Im Dating-Verhalten der Wiener gibt es laut Chris zwei „peaks“ im Jahr. „Frühling und November. Warum November? „Weil viele zu Weihnachten nicht alleine sein wollen.“ Damit ein Date gelingt, müsse man sich auf die Situation einlassen. „Du weißt nie, wohin ein Date führt – zu Sex, zu einem einfach netten Abend, oder zumindest zu einer guten Geschichte.“ Den „Tinder-Strich“ meidet Chris aber als Date-Location. „Am Ende des Tages muss man wissen, wie man sich von einem Trend abheben kann – um aus der Masse hervorzustechen.“