Ein Videospiel, das gerade mal 3 1/2 Jahre auf dem Buckel hat, befindet sich nicht unbedingt auf der Shortlist der zu erwartenden Remastered-Titel. Dennoch hat sich "Ubisoft" dazu entschieden, diesen vergleichsweise jungen Ableger der mittlerweile beinahe jährlich erscheinenden "Assassin's Creed"-Reihe in einem neuen Grafikgewand für die aktuelle Konsolengeneration erneut auf den Markt zu werfen.

Man schlüpft in die Rolle des Assassinen Shay Patrick Cormac, der sich nach einem Vorfall von seinem Orden abwendet und sich den Templern anschließt. Dieser Perspektivenwechsel ist lobenswert mutig, geht aber in der Praxis leider nicht auf. Die bisher immer schwarz-weiß gezeichneten Assassinen und Templer tauschen hier einfach die bekannten Rollen, was unglaubwürdig rüberkommt, und das Gameplay ändert sich dadurch überhaupt nicht - man tut dasselbe im Stil der Assassinen für die Templer. Die Story selbst leidet hier zwar darunter, ist aber dennoch good to know und auch für Neulinge der Reihe verständlich.

Die Remastered-Version zeigt gewaltige Festungen auf isolierten Inseln in bestechend schöner Grafik.
Die Remastered-Version zeigt gewaltige Festungen auf isolierten Inseln in bestechend schöner Grafik. © Michael Ebner

"Neu" ist bei diesem Titel ausschließlich die optische Aufwertung. Das merkt man im Guten wie im Schlechten: So bringt das Spiel neben der verbesserten Grafik, die wirklich umwerfend aussieht, auch alle altbekannten Schwächen und Ärgernisse für die Spieler mit. Während die Darstellung nun in flüssigen 1080p auf PS4 und XBox One und 4K auf der Pro und der One X über den Bildschirm fließt, die Sichtweite erhöht wurde und die Ortschaften dichter bevölkert erscheinen, täuscht die frische Fassade nicht über allgegenwärtige Gebrechen hinweg.

Die dichte Bevölkerung lässt die Ortschaften belebt wirken.
Die dichte Bevölkerung lässt die Ortschaften belebt wirken. © Michael Ebner

Insbesondere das freie Laufen, Hauptfortbewegungsmittel jedes pflichtbewussten Assassinen, lässt den Spieler hinter dem Controller oft verzweifeln. So setzt man sich offenbar nicht nur lieber auf Truhen drauf, anstatt sie zu öffnen, sondern bespringt überhaupt gleich alles, was der fehlerhaften Kollisionsabfrage des Spieles in die Quere kommt. Wenn man beim Betreten seines Schiffes jedes Mal einem Crewmitglied ins Gesicht springt, zerstört das nachhaltig den Eindruck eines kompetenten Hauptcharakters. Bei einem Kernelement dieses Spiels sollte so etwas nicht passieren.

Ein weiterer großer Kritikpunkt ist die künstliche Intelligenz der Gegner. Die sind nämlich gelinde gesagt dermaßen dumm, dass jegliche Interaktion mit ihnen, auch das Kämpfen, einfach keinen Spielspaß aufkommen lässt. Im Schwertgefecht stellen sich 20 Gegner brav an, um nacheinander niedergestreckt zu werden und auf hoher See warten Schiffe geduldig ab, während ein Verbündeter geentert und ausgeplündert wird. Währenddessen hat man dann auch noch genügend Zeit, das eigene Schiff wieder zu reparieren.

Dieser feindliche Assassine sollte uns eigentlich auflauern. An seiner Technik wird dieser hier nicht mehr feilen können.
Dieser feindliche Assassine sollte uns eigentlich auflauern. An seiner Technik wird dieser hier nicht mehr feilen können. © Michael Ebner

Die Seeschlachten, ebenfalls ein Kernelement des Spiels, sind dafür bombastisch inszeniert und sehen auf hoher See ebenso überzeugend gut aus. Größere Schiffe stellen dabei anfangs eine echte Bedrohung dar und haben keine Kontaktscheu, wenn es darum geht, unsere Morrigan mit Schmackes in die Seite zu rammen. Die Shantys, sammelbare Seelieder, die die Crew auf hoher See anstimmt, verleihen der Seefahrt eine wunderbare Atmosphäre und überhaupt wirkt die gesamte Spielewelt authentisch und stimmig. So sprechen in den Kolonien unter britischer und französischer Herrschaft die Soldaten auch in der sehr gelungenen deutschen Sprachausgabe ihre jeweiligen Landessprachen, was ein sehr schönes Detail darstellt.

Bei Schlachten auf hoher See geht's heiß her: Berührungsängste haben die Gegner hier keine!
Bei Schlachten auf hoher See geht's heiß her: Berührungsängste haben die Gegner hier keine! © Michael Ebner

Fazit. "Assassin's Creed Rogue Remastered" sieht überzeugend schön aus, weist inhaltlich aber dieselben Schwächen wie die Originalversion auf. Neues soll man sich natürlich nicht erwarten, grundlegende Kritik am Gameplay hätte jedoch bei einem Re-Release ausgemerzt werden können. Für gerade mal 30€ stellt das Spiel allerdings eine legitime Möglichkeit dar, die Story um Shay Patrick Cormac nachzuholen.