Urban Food“ definiert Ernährungs- und TrendexpertinHanni Rützler als einen der vier großen Zukunftsbereiche rund ums Essen. Lösungen für die Lebensmittelproduktion in städtischen Ballungsräumen sollen vertikale Gärten für die Aufzucht von Gemüse auf engem Raum, Speiseinsekten und In-vitro-Burger bringen.

Neu ist das nicht, doch nun zeichnet sich ab, dass Labor-Fleisch bald zu einem wohlfeilen Preis auf den Markt kommen könnte. 2013 kostete der erste Labor-Burger noch eine Viertelmillion Euro. In weniger als zwei Jahren, wenn die EU die Produkte zulässt, soll es nun gelingen, das aus Schweine-, Rinder- oder Geflügelzellen im Labor gezüchtete Fleisch serienreif um rund zehn Euro auf den Markt zu bringen. Weltweit forschen mehr als 20 Unternehmen auf dem Gebiet.

Für Städte, die am Meer liegen, könnte das Projekt „Nemo’s Garden“ beispielgebend sein. Nahe Genua gedeihen Erbsen, Basilikum, Paradeiser und Zucchini in rund sechs Meter Tiefe in transparenten Ballons auf dem Meeresgrund. Was 2013 mit einem Marketinggag begann, wächst sich zu einem Projekt für die Ernährung der Zukunft aus. Im Innern des Unterwasser-Glashauses herrschen immer gleiche Temperaturen, Pflanzenschutz braucht man keinen. Das Süßwasser kondensiert an der Decke und durch den größeren Druck unter Wasser wachsen die Pflanzen schneller.

Beyond Plastic

Als weiteres Trendphänomen neben „Urban Food“ ortet Hanni RützlerBeyond Plastic“. In Zeiten globaler Plastiküberschwemmung steht die Nahrungsmittelindustrie vor einer riesigen Herausforderung auf dem Weg in eine kunststofffreie Zukunft. Auch ohne Plastiksackerl, Wegwerfteller, Frischhaltefolien und Trinkhalme wächst der weltweite Plastikmüllberg laut einer Prognose der Beratungsgesellschaft McKinsey bis 2030 um weitere 80 Prozent – 260 Millionen Tonnen sind es demnach bereits.

Beim Food-Trend „Eating Art“ steht deshalb auch die Entwicklung nachhaltiger, umweltfreundlicher Verpackungen im Vordergrund. Die Arbeit von Künstlern und Designern spiele laut Rützler eine immer größere Rolle in der Esskultur. Als vierte Strömung nennt sie „Snackification“, den Genuss mehrerer kleiner Mahlzeiten am Tag, statt Frühstück, Mittag- und Abendessen. Mit der Digitalisierung sei noch mehr Flexibilität in unseren Lebens- und Arbeitsalltag gekommen, erklärt sie, deshalb werden die Portionen kleiner und die Zeiten, zu denen gegessen wird, variieren stärker.

Im Food-Report 2020: Snacification, Urban Food, Eating art und Beyond Plastic
Im Food-Report 2020: Snacification, Urban Food, Eating art und Beyond Plastic © zukunftsInstitut

Mehl-Alternativen

Auf der Produktebene zeigen sich immer mehr Spielarten von Alternativmehl. Neben Karfiol- und Süßkartoffel- wird auch Bananenmehl dank der sozialen Netzwerke zum Favoriten. Österreich muss bei dem Thema nicht im Winkerl stehen. Heimische Produzenten und Gastronomen sind oft selbst Vorreiter, denn jenseits von Mehl aus exotischen Früchten eröffnet sich eine breite Vielfalt an glutenfreiem Mehl aus der heimischen Ölproduktion: Mandel-, Kürbiskern-, Mohn- oder Haselnussmehl wird aus dem Pressrückstand gewonnen.

Zuckeralternative: Ais den fünf bis acht Zentimeter großen Mönchsfrüchten wird Zuckerersatz gewonnen
Zuckeralternative: Ais den fünf bis acht Zentimeter großen Mönchsfrüchten wird Zuckerersatz gewonnen © (c) carl - stock.adobe.com

International poppen auch Butteralternativen wie die sämig-dicke Wassermelonensamenbutter aus geschälten Kernen oder Zuckeralternativen auf. Mönchsfrucht soll diesmal den Süßstoff liefern, ein Kürbisgewächs, das zwar Frost nicht gut verträgt, aber bereits in so manchen heimischen Töpfen zu finden ist. Auch Spirituosen ohne Alkohol sind 2020 ein großes Thema, die heimischen Produzenten haben bereits den ersten alkoholfreien Gin zu bieten.