Zum Weltmilchtag am 1. Juni erscheint die jährliche SIPCAN-Milchliste, eine Studie zum Zuckergehalt in mehr als 1.100 Milchprodukten im österreichischen Handel. Nach wie vor sind die meisten der in Österreich erhältlichen Milchprodukte zum Trinken oder Löffeln zu süß, um gesund zu sein, betonte die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG). Es werde auch wieder mehr Süßstoff zugesetzt.

Die reine Milch sei grundsätzlich ein wertvolles Lebensmittel mit wichtigen Inhaltsstoffen, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung der ÖDG. Bei der Weiterverarbeitung werde jedoch noch zu oft zu viel Zucker oder Süßstoff zugesetzt. Die ÖDG und das Institut SIPCAN (Special Institute for Preventive Cardiology And Nutrition) fordern von der Lebensmittelindustrie konkrete Maßnahmen zur Reduktion der Süße in Milchprodukten.

Orientierungshilfe für den Alltag

"Nur weil Milch ein Bestandteil eines Produkts im Supermarktregal ist, heißt das leider noch lange nicht, dass dieses Produkt auch gesund ist", ortet ÖDG-Präsidentin Alexandra Kautzky-Willer eine Verwirrung der Konsumenten. "Als Durstlöscher sollte primär Wasser dienen, ungesüßte Milchprodukte jedoch als Teil einer Mahlzeit oder kleiner Mahlzeitenersatz betrachtet werden. "Zu viel Zucker bedeutet, sein persönliches Risiko für Adipositas, Diabetes und viele weitere sogenannte Zivilisationskrankheiten zu steigern. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen und vor allem auch immer mehr Kinder und Jugendliche zu dick sind, ist es unangebracht, Zuckerbomben ein gesundes Mäntelchen umzuhängen", meinte Kautzky-Willer.

Fermentierte Milchprodukte und fettarme Milchprodukte ohne zugesetzten Zucker dürften laut ÖDG aber sogar Insulinresistenz verbessern und zu weniger Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen, wahrscheinlich über ihren Gehalt an Mineralstoffen, Vitaminen, günstigen Eiweißstoffen und Fettsäuren. Milchfett unterscheidet sich hier offenbar von sonstigem tierischen Fett, für das ein höheres Risiko für Diabetes beschrieben ist.

Die jährliche SIPCAN-Milchliste soll eine Orientierungshilfe für den Alltag bieten und auch bei Produzenten und Handel ein Umdenken anstoßen. Die Liste ist als Online-Suchfunktion, als Download und als App verfügbar. In Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium und mehreren Fachgesellschaften haben die Experten von SIPCAN einen Richtwert festgelegt, der bei maximal zwölf Gramm Zucker pro 100 Gramm bzw. 100 Milliliter Milchprodukt liegt. Er setzt sich aus dem natürlichen Zuckergehalt der Milch von durchschnittlich 4,6 Gramm pro 100 Milliliter und der nach einer WHO-Empfehlung abgeleiteten Höchstmenge für zugesetzten Zucker von 7,4 Gramm pro 100 Gramm bzw. Milliliter zusammen.

Neben der genannten Zuckergrenze dürfen auch keine Süßstoffe in den Produkten enthalten sein. "Durch die Beimengung von Süßstoffen besteht die Gefahr, dass Konsumenten und vor allem Kinder langfristig an höhere Süße gewöhnt werden und dass außerdem kein Sättigungsgefühl trotz der Süße eintritt. Wir sollten lernen die natürliche Süße von Milchprodukten aufgrund des normalen Milchzuckergehalt in Maßen zu genießen", begründete dies Kautzky-Willer.

Besorgniserregender Trend

Bei Milchprodukten zum Trinken finden sich etwas mehr als zwei Drittel der erhältlichen Produkte auf der Positiv-Liste, der durchschnittliche Zuckergehalt liegt hier bei 10,8 Gramm. Dennoch sei bei dieser Produktkategorie laut ÖDG ein besorgniserregender Trend zu beobachten: Während von 2012 bis 2015 eine Reduktion des Anteils an Produkten mit Süßstoffen festgestellt wurde, ist seit 2015 wieder ein Anstieg zu beobachten. Im Vergleich zur Vorjahreserhebung sei der Anteil an Produkten mit Süßstoffen sogar sprunghaft um 7,1 Prozent angestiegen. Mit einem Anteil von 17,4 Prozent werde beinahe wieder der Ausgangswert aus dem Jahr 2012 erreicht.

Bei Milchprodukten zum Löffeln liegt der durchschnittliche Zuckergehalt aller Produkte mit 13,23 Gramm noch immer weit über dem aktuellen Grenzwert von zwölf Gramm. Trotz einer Steigerung des Produktanteils auf der Positivliste von 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, entsprechen nach wie vor 78,1 Prozent der Milchprodukte nicht den vorgegebenen Grenzwerten.