Eigentlich heißt er Cocktailparty-Effekt, tritt aber bei jeder anderen Gelegenheit zum Feiern ebenso auf: Alle reden durcheinander, Gläser klirren, Messer kratzen auf Tellern – und mittendrin sitzt eine oder einer, der von den Gesprächen rundum kaum etwas versteht. „Dieser Party-Effekt ist oft ein Zeichen für eine leicht- bis mittelgradige Schwerhörigkeit“, sagt Dietmar Thurnher, Vorstand der HNO-Klinik der LKH-Uniklinik Graz.

Dietmar Thurnher, Vorstand der HNO-Klinik Graz
Dietmar Thurnher, Vorstand der HNO-Klinik Graz © Kanizaj/LKH

Dass die Ohren „schlechter“ werden, ist eine Erscheinung des Alters – aber nicht nur: Wie Thurnher erklärt, leben wir in einer „lauten Zeit“, fehlender Gehörschutz an lauten Arbeitsplätzen oder die omnipräsenten In-Ohr-Kopfhörer tun das ihrige, um die Hörfähigkeit weiter zu verschlechtern. Wenn Fernseher und Radio immer lauter gestellt werden müssen oder wenn man immer öfter nachfragen muss, was der andere gesagt hat, sind das Anzeichen einer Schwerhörigkeit. „Dann gilt: Ab zum HNO-Arzt“, sagt Thurnher.

Risiko für Demenz steigt

Doch dieser Weg ist noch immer mit Tabus behaftet, wie auch Petra Sudy, Hörakustikerin bei Neuroth, weiß: „Leider besteht noch immer das Vorurteil: Wer ein Hörgerät braucht, ist alt.“ Während die Brille zu einem modischen Accessoire mutiert ist, haftet dem Hörgerät somit noch immer ein schlechter Ruf an.

„Untersuchungen haben gezeigt, dass 60 Prozent der Menschen über 65, die eigentlich ein Hörgerät bräuchten, keines haben“, sagt Thurnher. Und das hat nicht nur Folgen für das Sozialleben, wenn sich Betroffene zurückziehen oder gar nicht mehr in Gespräche eingebunden werden, weil sie „ja eh nix verstehen“. Nein, Schwerhörigkeit steigert auch das Risiko, dement zu werden! „Das Hörgerät ist die Brille für die Ohren“, sagt HNO-Spezialist Thurnher, „haben Sie keine Angst davor.“