Robert Franz, ein gelernter Automechaniker mit violetten Haaren, der ein Vermögen mit Vitaminpillen verdient haben soll, heizt die Diskussion um Nahrungsergänzungsmittel neu an: Wer braucht Nährstoffe in Kapselform? Wie werden diese kontrolliert? Und was können sie für die Gesundheit leisten? Die Aufregung begann, als die Kleine Zeitung berichtete, dass die Ärztekammer gegen Franz wegen Kurpfuscherei vorgeht, kurz darauf rief die Ages, die Agentur für Ernährungssicherheit, zwei Franz-Produkte zurück.

Die Dosierung von Vitamin B und Zink in den Kapseln sei so hoch, dass es zu schweren neurologischen Schäden (Überdosis Vitamin B) und Magen-Darm-Problemen (Überdosis Zink) kommen könne. Anders als Medikamente kommen diese Präparate nämlich ohne Zulassungsprüfung auf den Markt.

Die Ages kontrolliert die Produkte wie Lebensmittel: Es gibt Schwerpunktaktionen oder man reagiert auf Verdachtsfälle. Im Jahr 2016 wurde rund ein Drittel dieser kontrollierten Nahrungsergänzungsmittel beanstandet. „Das Angebot der Nahrungsergänzungsmittel ist völlig undurchsichtig“, sagt auch Ernährungsexpertin Sandra Holasek (Med Uni Graz).

Zwei Drittel nehmen Präparate

Die Vorwürfe gegen Franz riefen viele seiner Fans auf den Plan, die seine Präparate verteidigten: Das zeigt, wie groß der Zuspruch bei Nahrungsergänzungsmitteln ist - eine Beobachtung, die auch Holasek mit Besorgnis teilt. „Der Trend, Nährstoffe über Kapseln aufzunehmen, wird immer stärker.“ Zwei Drittel der Österreicher konsumieren laut Umfragen regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel - gleichzeitig zeigt aber der Ernährungsbericht: „Jene Lebensmittel, die all diese Nährstoffe auf natürliche Art enthalten, werden in Österreich viel zu wenig gegessen“, sagt Holasek.

Die empfohlenen fünf Portionen Gemüse und Obst pro Tag schaffen nur 30 Prozent der Österreicher. „Nährstoffe über Lebensmittel aufzunehmen, ist der natürliche Weg“, sagt Holasek. Einzelne Bestandteile wie Vitamine zu isolieren und so zu schlucken, funktioniere nicht: Die Zusammensetzung der Nährstoffe in Nahrungsmitteln sei eine fein abgestimmte Komposition, unser Körper sei dafür gemacht, sie in dieser Form aufzunehmen.

Nährstoffe in Kapselform werden im Körper anders verstoffwechselt - „eine Überdosis ist dadurch schnell erreicht“, sagt Holasek. Und: Essen solle mit Geschmack und Genuss einhergehen - nur so könnten unser Belohnungszentrum aktiviert und die Sättigung reguliert werden.

Raucher brauchen Vitamine

Verteufeln will die Expertin Nahrungsergänzungsmittel aber nicht - es gebe aktuelle Empfehlungen, wer zusätzliche Nährstoffe braucht. So hätten zum Beispiel Menschen, die rauchen oder sehr regelmäßig Alkohol trinken, einen erhöhten Bedarf an Vitamin B und C. Auch bei Leistungssportlern, Schwangeren und Stillenden, bei alten und kranken Menschen oder bei besonderen Ernährungsformen, wie bei Veganern, könne die Einnahme solcher Präparate sinnvoll sein. „Aber mit ärztlicher und fachlicher Beratung“, sagt Holasek.

Über eine ausgewogene Ernährung könnten sich gesunde Menschen gut mit allen Nährstoffen versorgen - wer allerdings nur Junk Food isst, könne in einen Mangelzustand geraten. Laut aktuellem Ernährungsbericht werden diese Vitalstoffe von Österreichern zu wenig aufgenommen: Folsäure, Vitamin D, Kalzium, Omega-3-Fettsäuren, Eisen bei Frauen, Vitamin B12 bei Veganern.

Lebensmittel besser auswählen

Wie kann man nun sichergehen, dass genug der wichtigen Nährstoffe gegessen werden? Laut Ages sei die Ernährungspyramide der richtige Leitfaden: Die Basis sollten pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Getreide und Obst bilden, dann folgen eiweißreiche Nahrungsmittel wie Milchprodukte, Fisch, Hülsenfrüchte, Fleisch. „Will man sich mehr gesunde Nährstoffe zuführen, dann sollte das über die richtige Auswahl der Lebensmittel passieren“, sagt Holasek.