In der Europäischen Union kommt ein fünfter Covid-19-Impfstoff auf den Markt. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA gab am Montag grünes Licht für das Vakzin des US-Biotechunternehmens Novavax. Der zuständige EMA-Ausschuss empfahl eine bedingte Zulassung ab 18 Jahren. Wenige Stunden danach folgte die EU-Kommission der Empfehlung und erteilte die bedingte Marktzulassung. Die Staatengemeinschaft hat sich bei Novavax bis zu 200 Millionen Dosen gesichert. Die ersten Dosen werden nach Angaben der Brüsseler Behörde voraussichtlich in den ersten Monaten 2022 in den Mitgliedstaaten eintreffen.

In der Europäischen Union sind bisher Covid-19-Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca sowie Johnson & Johnson (J&J) bedingt zugelassen. Bereits im November hatte das Unternehmen Novavax die Zulassung für die EU beantragt. 

Österreich hat bei der ersten bestellbare Tranche die maximale Liefermenge abgerufen. "Dies entspricht rund 750.000 Dosen, deren Lieferungen nach letzten Informationen im ersten Quartal 2022 beginnen sollen", hieß es auf APA-Anfrage aus dem Gesundheitsministerium. "Danach werden weitere Optionen verfügbar sein."

Nach Ankunft in Österreich werde der neue Impfstoff über das Verteilungssystem des Bundes an die Impfstellen ausgeliefert. Ob das Vakzin frei wählbar ist, "wird von der Verfügbarkeit abhängig sein", wurde in der schriftlichen Stellungnahme betont. Dies liege im Ermessen der Bundesländer, die in Österreich für die Organisation und die Durchführung der Impfkampagne verantwortlich sind.

"Nicht auf den Impfstoff warten"

"Mit Novavax erweitert künftig ein zusätzlicher Impfstoff das europäische Portfolio", zeigte sich Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) erfreut. "Die EMA-Zulassung ist Garant für ein sicheres und umfassendes Prüfverfahren. Ich bitte Sie aber nicht auf diesen Impfstoff zu warten, sondern bereits jetzt das umfassende und kostenlose Impfangebot in Anspruch zu nehmen. Vor allem die Booster-Impfung schützt vor der neuen Omikron-Variante. Warten Sie nicht, gehen Sie noch vor den Feiertagen impfen", empfahl der Mediziner und Minister.

Ob sein Impfstoff auch vor der sich rasant ausbreitenden Omikron-Variante schützt, überprüft Novavax gegenwärtig in Labortests und rechnet mit Ergebnissen in den kommenden Wochen. Falls nötig, könnte mit der Herstellung eines angepassten Vakzins im Jänner begonnen werden, hatte das Unternehmen vor kurzem mitgeteilt. Die Daten aus der Zulassungsstudie, die in den USA und Mexiko stattfand, stammen aus einem Zeitraum, als die Alpha-Variante noch das Infektionsgeschehen beherrschte.

Fragen & Antworten zu Novavax

1 Hat sich die EU bereits Impfdosen gesichert? 

Bereits am 4. August wurde der Abschluss eines Vertrages zwischen EU und dem US-Hersteller Novavax genehmigt. Die Europäische Union sichert sich damit den Zugriff auf bis zu 200 Millionen Dosen des neuen Corona-Impfstoffs aus den USA. Über die neue Vereinbarung können Mitgliedstaaten zunächst 100 Millionen Dosen von  Novavax  kaufen. Zudem gibt eine Option für den Kauf von weiteren 100 Millionen Dosen, sobald das Vakzin von der EMA überprüft und in der EU zugelassen wurde.

2 Warum dauert es mit der Zulassung so lange? 

Nach offiziellen Angaben verzögerte sich die Zulassung, da Novavax zwischenzeitlich Produktionsprobleme hatte. Mit eine Rolle gespielt haben dürfte die Tatsache, dass einige Bestandteile des Impfstoffs aktuell Mangelware auf dem Weltmarkt sind. Der Impfstoff hat bereits in Indonesien und auf den Philippinen eine Notzulassung erhalten, beantragt wurde eine solche auch in Indien und bei der WHO. Zulassungsanträge laufen zudem in Kanada, Großbritannien, Australien oder Neuseeland. 

3 Welche Art von Impfstoff ist jener von Novavax? 

Nuvaxovid ist ein proteinbasierter Impfstoff.  Die bisher in der EU zugelassenen Vakzine von Biontech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson sind hingegen genbasierte Impfstoffe. Mithilfe des Spikeproteins des Coronavirus ruft Novavax die Bildung von Antikörpern hervor. Dieses Spikeprotein wird im Labor mithilfe von Mottenzellen hergestellt, gesammelt und in Nanopartikeln zusammengesetzt. Damit die Immunreaktion des Körpers stark genug ist, wird ein Bestandteil des Seifenrindenbaums hinzugefügt. Dieser erhöht die Wirkung. Auch Impfstoffe gegen Tetanus, Keuchhusten, Meningokokken oder Pneumokokken nutzen solche Wirkverstärker.  

4 Wie wirkt der Impfstoff Novavax? 

Landet der Impfstoff dann schließlich im Körper, reagieren die B-Zellen auf diesen und bilden spezifische Antikörper. Kommt es danach zu einer Infektion mit dem Coronavirus, erkennt das Immunsystem diesen Eindringling und kann das Virus sofort bekämpfen. Der Novavax-Impfstoff wird in zwei Dosen im Abstand von etwa drei Wochen gespritzt. 

5 Wie hoch ist der Schutzfaktor? 

Laut vorliegender Studie dürfte die Schutzwirkung des Vakzins hoch sein. Bei dieser Studie wurden Personen aus allen erwachsenen Altersgruppen mit eingeschlossen, auch Menschen mit Vorerkrankungen nahmen teil. In die Studie eingeschlossen waren knapp 30.000 Menschen über 18 Jahre, es handelte sich um eine placebokontrollierte Studie. Zwischen Dezember 2020 und Februar 2021 erhielten rund 19.000 Probanden zwei Dosen des Vakzins im Abstand von 21 Tagen. Die Daten ergaben laut Unternehmen eine Wirksamkeit von 90,4 Prozent in Bezug auf eine symptomatische Erkrankung. Das heißt, dass bei geimpften Probanden rund 90 Prozent weniger Erkrankungen auftraten als bei nicht geimpften. Zu 100 Prozent soll das Vakzin schwere Erkrankungen verhindern können. Diese Daten wurden allerdings erhoben, bevor die ansteckendere Deltavariante dominierte. Wie es mit einem Schutz vor der Omikron-Variante aussieht, muss erst erhoben werden. Es ist aber wahrscheinlich, dass hier Ähnliches gilt, wie für die mRNA-Impfstoffe. Eine sterile Immunität – also einen vollständigen Schutz vor Ansteckung mit dem Coronavirus – ist auch bei diesem Vakzin nicht zu erwarten.

6 Gibt es bei diesem Impfstoff Impfreaktionen? 

Ungefähr 30 Prozent der Studienteilnehmer berichteten von ähnlichen Impfreaktionen, wie man sie auch schon von den anderen zugelassenen Vakzinen kennt – etwa Kopfschmerzen, Fieber und Muskelschmerzen kurz nach der Impfung. Wie auch bei AstraZeneca sind diese Impfreaktionen nach der ersten Dosis deutlich häufiger als nach der zweiten. 

7 Welche Impfstoffe könnten noch bald kommen?

Mehrere Produkte sind im sogenannten Rolling-Review-Verfahren der EMA schon in der Begutachtung. Die Impfstoffe des französisch-österreichischen Herstellers Valneva und des chinesischen Herstellers Sinovac enthalten beispielsweise abgetötete Coronaviren.