Bei vielen Ärzten stehen die Telefone nicht still: Der Fall einer Krankenpflegerin des LKH Zwettl, die zehn Tage nach der ersten Corona-Teilimpfung mit dem Vakzin von AstraZeneca verstarb, hat für Verunsicherung gesorgt. Der Impfstoff, der aufgrund der Altersbeschränkung in der Kritik war, ist Gegenstand intensiver Diskussionen.

Was wir wissen: Die 49-Jährige ist an einer schweren Gerinnungsstörung verstorben. Eine 35-jährige Kollegin, die eine Lungenembolie entwickelt hatte, erhielt den Impfstoff aus derselben Charge. Die Ausgabe wurde gestoppt, obwohl es heißt: „Es liegen keine weiteren schweren Nebenwirkungsmeldungen dieser Art, die diese Charge betreffen, vor“, so das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG). Und: Es wird nach dem aktuellen Stand laut Staatsanwaltschaft keine strafrechtlichen Konsequenzen geben. Eine sanitätsbehördliche Überprüfung verlief ergebnislos. Mit einer Obduktion am Wiener AKH soll die Todesursache der 49-Jährigen festgestellt werden.

"Kein kausaler Zusammenhang"

„Es besteht derzeit kein kausaler Zusammenhang zwischen diesem Zwischenfall und der Impfung“, erklärte Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der Medizinmarktaufsicht der Ages, gegenüber dem ORF. Und: „11,8 Millionen Dosen des AstraZeneca-Impfstoffs wurden bislang verimpft, aktuell weiß man von insgesamt zweier weiterer solcher Zwischenfälle, allerdings bei über 80-jährigen Personen.“

Vor allem der zehntägige Abstand zwischen der Impfung und dem Tod der Krankenpflegerin irritiert Mediziner. Rudolf Likar, Corona-Koordinator des Landes Kärnten, warnt vor voreiligen Schlüssen: „Ich verstehe, dass die Bevölkerung verunsichert ist. Aber gesundheitliche Ereignisse treten mit und ohne Impfung auf. Wenn man sieht, wie die Zahlen auf Intensivstationen steigen und dass Jüngere eingeliefert werden, dann muss man impfen.“

Unterschied zwischen Impfreaktion und Nebenwirkung

Zwei neue Studien aus Schottland und England brachten das nationale Impfgremium übrigens dazu, den AstraZeneca-Impfstoff neu zu bewerten: Beim Schutz vor schweren Erkrankungen und beim Schutz älterer Menschen, schnitt der AstraZeneca-Impfstoff so gut wie andere Impfstoffe ab, erklärt die Medizinerin Reingard Glehr. „Bei uns hat AstraZeneca einen schlechten Ruf, weil die jüngere Impflinge eine stärkere, akute, Impfreaktion zeigen.“

Grundsätzlich ist zwischen Impfreaktionen und Nebenwirkungen zu unterscheiden. Impfreaktionen sind Beschwerden nach einer Impfung, etwa Rötungen an der Impfstelle, Fieber oder Kopf-/Gliederschmerzen. Diese klingen nach wenigen Tagen ab. Als Nebenwirkungen werden unbeabsichtigte und schädliche Reaktionen auf die Impfung bezeichnet, die zur Hospitalisierung führen, oder lebensbedrohliche sein können.

Das Restrisiko einer medizinischen Behandlung

In Bezug auf die Covid-Impfstoffe wurden am häufigsten Fieber, Kopfweh sowie Schmerzen an der Impfstelle gemeldet. Die meisten Meldungen betreffen den Impfstoff von AstraZeneca. Pro 1000 Impfungen werden bei diesem Vakzin im Durchschnitt 47,65 Meldungen eingebracht, bei Moderna sind es 9,2 und bei Biontech/Pfizer 5,56. Es handelt sich mehrheitlich um erwartete, aus Zulassungsstudien, bekannte Beschwerden.

„All diese Covid-Impfstoffe sind neu“, erklärt Herwig Kollaritsch, Mitglied des Nationalen Impfgremiums. „Aus diesem Grund stehen sie unter verstärkter Beobachtung.“ In Phase-4-Studien, die nach der Zulassung durchgeführt werden. Diese konzentrieren sich auf die Sicherheit eines Impfstoffes oder auf seltenere Nebenwirkungen. Und: „Wir müssen in der Lage sein zu akzeptieren, dass eine medizinische Behandlung ein Restrisiko birgt.“