Mit belastenden Ereignissen konfrontiert zu sein, führt zu Verunsicherung und Angst und kann in der Folge zum psychischen Problem werden. Viele Menschen entwickeln nach traumatischen Erlebnissen eine akute Belastungsreaktion. Dieser Befund des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen (BÖP) dürfte dieser Tage kaum jemanden überraschen. 

Die Psychologin und Trauma-Expertin Dagmar Tutschek bewertet die sonntägliche Störaktion in der Josefstadt vor diesem Hintergrund als problematisch und "potenziell retraumatisierend", betont aber zugleich, dass etwaige weitere Belastungen oder Traumatisierungen bei den Wiener Bürgerinnen und Bürgern stark vom Individuum abhängen. Und in wie weit möglicherweise traumatisierte Personen die Erfahrungen bisher aufgearbeitet haben. Das hilft bei der Relativierung und Einordnung - wenn man etwa eine Woche nach einem Terroranschlag Gewehrfeuer aus Lautsprechern vernimmt.

Jedenfalls handle es sich um eine Provokation mit der man entsprechend umgehen sollte und kann. Erschwert werde das aber, wenn Angst im Spiel ist. Dann seien Menschen auch empfänglicher für weniger rationale Botschaften. Eine typische Verhaltensweise ist es dann, einen Schuldigen suchen und finden zu wollen. Dann kann so eine Aktion auch zu einer (weiteren) Spaltung der Gesellschaft beitragen. Dabei brauche unsere Gesellschaft gerade jetzt Stabilität, keine Verunsicherung, konstatiert Tutschek.

"Egoistisch und manipulativ"

Die Meinungsfreiheit, diese Aktion durchzuführen, müsse natürlich gegeben sein. Allerdings schränke diese Form von Aktionismus im Augenblick der Durchführung zugleich die Meinungsfreiheit aller anderen Menschen ein, die zugegen sind. Denn dem "Publikum" in der Josefstadt wurden die Botschaften der Störaktion schließlich unangekündigt und ungefragt aufgedrängt.

Der Veranstalter, ein ehemaliger Pegida-Sprecher, hatte in einer Aussendung betont, dass er mit der Aktion niemanden erschrecken wollte, das sei nicht sein Ziel gewesen. Hier widerspricht Tutschek:

Daher glaube Tutschek auch, dass sich der Veranstalter tatsächlich wenig Gedanken um das Wohl der Josefstädter macht.