Nur acht Prozent aller Corona-Fälle in Österreich betrafen Kinder und Jugendliche zwischen null und 14 Jahren, unter fünf Jahren war nur 1,5 Prozent der Infizierten: Kinder stecken sich seltener mit dem Coronavirus an, sie zeigen seltener Symptome und erkranken auch weniger typisch als Erwachsene. Das zeigte Ernst Eber, Präsident der Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) anlässlich des diesjährigen Fachkongresses auf, der heuer ausschließlich digital stattfindet.

"Von mehr als 4.000 Kindern und Jugendlichen mussten bisher nur knapp über ein Prozent im Krankenhaus behandelt werden, davon eine Minderheit auf Intensivstationen", erklärt Eber weiter.

Weniger Rezeptoren, trainiertes Immunsystem

Warum Kinder seltener und nur ganz selten schwer erkranken, dafür gibt es bisher nur Erklärungs-Hypothesen. Eine besagt: Kinder unter zehn Jahren haben am wenigsten jener Rezeptoren, die das SARS-CoV-2-Virus als Eintrittspforte in den menschlichen Körper verwendet (ACE2). "Je älter man wird, desto mehr dieser Rezeptoren sieht man im Körper", sagt Eber.

Ein anderer Erklärungsansatz ist die trainierte Immunität der Kinder: "Kinder machen gerade in der kalten Jahreszeit viele virale Infektionen durch. Auch werden gerade im ersten Lebensjahr viele Impfungen verabreicht", sagt Lamprecht. Das könnte das Immunsystem derart trainieren, dass es das Coronavirus besser abwehren kann.

Ernst Eber, LKH-Uniklinikum Graz
Ernst Eber, LKH-Uniklinikum Graz © LKH/Kanizaj

Ansteckung in der Familie

Die Analyse von Infektionsketten hat auch gezeigt: Kinder werden vor allem innerhalb der Familie angesteckt - und oft läuft die Ansteckung hier von den Erwachsenen zu den Kindern. "Das ist ganz anders als bei der Influenza, wo Kinder typischerweise das Virus in die Familien bringen und Erwachsene und vor allem ältere Familienmitglieder anstecken", sagt Eber. Deshalb haben Studien auch gezeigt, dass die Grippe-Impfung bei Kindern besonders Ältere vor der Erkrankung schützt.

Der Blick in die Kindergärten und Schulen zeigt: Ein erkranktes Kind steckt nur wenige weitere an, auch führen Infektionen in Schulen laut Studien nicht zu großen Ausbrüchen. So beläuft sich das Risiko, dass ein infiziertes Kind ein weiteres ansteckt in Schulen auf gerade einmal 0,5 Prozent. In Kindergärten liegt das Risiko bei etwa 1 Prozent.

Schulen schließen: "Sinnlos"

Vor diesem Hintergrund sagt Eber: "Wir müssen alles versuchen, um nicht laufend Schulen zu schließen, wenn Infektionsfälle auftreten." Wichtig sei, sehr schnell zu sein: Rasch zu testen - am besten mit Massentests, wie den Gurgeltests -, die Kontakte sehr schnell nachzuverfolgen und somit Schulschließungen zu verhindern.

Auch der deutsche Experte Tobias Welte, Past Präsident der European Respiratory Society, unterstrich: "Im Rückblick müssen wir wohl eingestehen, dass einige Maßnahmen im Lockdown übertrieben waren. So hätten wir die Schulen nicht schließen müssen, weil Kinder nicht so infektiös sind." Es habe jedenfalls "keinen Sinn", nun im Herbst und Winter ganze Schulen oder Kindergärten zu schließen, da die Übertragungsrate so gering ist.