Menschen, die schwer an Covid-19 erkrankt waren, haben einen beschwerlichen Genesungsprozess hinter sich: Betroffene müssen überdurchschnittlich lange auf Intensivstationen behandelt werden – Intensivmediziner berichten von zwei bis vier Wochen Liegedauer. „Covid-Patienten brauchen auch länger Sauerstoff als Patienten mit anderen Infektionserkrankungen“, sagt Stefan Kaltenegger, Lungenfacharzt am Rehabilitationszentrum Raxblick. Dort wird nun ein Rehabilitationsprogramm speziell für Covid-Patienten angeboten, denn: Genesen bedeutet nicht immer gleich gesund.

„Bei einer so schweren Lungenerkrankung ist der nächste logische Schritt eine pulmologische Rehabilitation“, sagt Kaltenegger. Einerseits hinterlässt der lange Krankenhausaufenthalt Spuren: Je länger die künstliche Beatmung dauert, desto mehr Atemmuskulatur verschwindet. „Das Zwerchfell ist unser wichtigster Atemmuskel, aber wenn es aufgrund von künstlicher Beatmung nicht arbeitet, baut es sehr schnell ab“, sagt Kaltenegger. Aber auch die übrigen Skelettmuskeln schwinden, Patienten sind nach der Erkrankung daher noch sehr schwach.

Geringe Sauerstoffaufnahme

„Zwar wird schon auf den Intensivstationen mit Physiotherapie begonnen, doch zu Hause machen die Patienten oft nicht weiter, verlieren noch mehr Muskeln und die Lunge wird nicht ordentlich belüftet“, erklärt Kaltenegger – daher brauche es die Rehabilitation.

Andererseits haben Covid-Genesene auch mit für diese neue Erkrankung typischen Nachwirkungen zu kämpfen: Die Aufnahme von Sauerstoff ins Blut ist weiterhin gestört und die Lunge ist verkleinert. „Wir wissen noch nicht, ob wir dabei von einer Spätfolge sprechen können oder ob sich die Lunge wieder regeneriert“, sagt Kaltenegger. Dazu kommen weitere Symptome wie Reizhusten, eine sehr oberflächliche, schnelle Atmung und eine allgemeine Abgeschlagenheit, die aber nach allen schweren Erkrankungen auftritt.

Mögliche Spätfolge: Lungenfibrose

Es ist zu früh, um Aussagen über mögliche Spätfolgen zu treffen, aber eine Befürchtung von Medizinern ist, dass es bei schwer Erkrankten zu einer Lungenfibrose kommen könnte (siehe Grafik). „Wir kennen das von anderen Erkrankungen, dass eine Entzündung des Bindegewebes zu einer Lungenfibrose führt“, sagt Kaltenegger.

Schäden an der Lunge

Covid-19 kann die Lunge sehr schwer betreffen – aber nicht nur. „Covid-Genesene haben sehr oft Begleiterkrankungen, vor allem im Herz-Kreislauf-System“, sagt Kaltenegger: Man sehe sehr häufig Blutgerinnsel (medizinisch: Thrombosen), die in den Gefäßen entstehen und weiter in die Lunge transportiert werden können, wo es zur Lungenembolie kommen kann. Daher werden Patienten vor Beginn der Reha genau am Herz untersucht.

Und diese Begleiterkrankungen sind auch die Ursache, warum Kaltenegger dazu rät, dass Covid-Genesene, die wieder Sport machen wollen, das zunächst unter ärztlicher Kontrolle tun: „Bleiben die Veränderungen im Herz-Kreislauf-System unentdeckt, kann das gefährlich werden.“

Training als Therapie

Das spezielle körperliche Training ist neben der Physiotherapie ein zentraler Bestandteil in der Reha. Daher sei es auch so wichtig, dass die Patienten Motivation mitbringen – „man muss aktiv etwas tun, um die Gesundheit zu verbessern“, sagt Kaltenegger. An wen richtet sich die Reha überhaupt? „An alle, die eine Covid-Infektion überstanden haben und noch Beschwerden haben“, sagt Kaltenegger. Genesen bedeutet eben nicht immer auch gesund.