Sei es das Interesse, ob die vermeintliche Grippe im Winter vielleicht doch eine Covid-Erkrankung war oder die Hoffnung, durch eine unbemerkte Covid-Infektion bereits vor einer neuerlichen Ansteckung geschützt zu sein: Antikörpertests sollen Antworten auf diese Fragen geben. Aber können sie das? Und welche Tests sind wirklich verlässlich?

„Wir haben nach wie vor die Situation, dass wir unterschiedliche Antikörpertests haben, die jeweils unterschiedliche Aussagekraft haben“, sagt Lukas Weseslindtner, Virologe an der Med Uni Wien – eine Situation, die es auch in vielen anderen Bereichen der Medizin gebe. Ein Röntgenbild habe eine bestimmte Sicherheit, in einer Computertomografie sieht man aber vielleicht Dinge, die davor übersehen wurden, vergleicht Weseslindtner.

Die gute Nachricht beim Thema Antikörpertests sei aber: „Wir haben nun einen Referenztest etabliert, der die beste Aussagekraft bietet.“ Dabei handelt es sich um einen sogenannten Neutralisationstest, mit dem nicht nur gezeigt wird, dass Antikörper gegen SARS-CoV-2 vorhanden sind, sondern dass diese das Virus auch in der Vermehrung hemmen  – neutralisieren – können. „Dieser Test beweist, dass man die Infektion durchgemacht hat. Nur in diesem Fall werden Antikörper gebildet, die punktgenau an den Strukturen binden, die das Virus für den Eintritt in die Zelle braucht“, sagt Weseslindtner.

Kosten: rund 100 Euro

Diese Art von Test kann aber nur in Hochsicherheitslabors durchgeführt werden, da das Virus angezüchtet werden muss, das Zentrum für Virologie der Med Uni Wien ist eines der wenigen Zentren in Österreich, wo das möglich ist. „Machen lassen kann einen solchen Test jeder“, sagt Weseslindtner, die Kosten belaufen sich auf rund 100 Euro.

Doch was sagt der Experte zu all den anderen Antikörpertests, die angeboten werden? „Viele ELISA-Tests haben auch eine sehr hohe Spezifität, wir haben etliche dieser Tests selbst evaluiert“, sagt Weseslindtner – aber selbst wenn ein Test eine Spezifität von über 90 Prozent habe, bleibe im Einzelfall immer das Risiko eines falsch-positiven Ergebnisses. Das bedeutet, dass Antikörper in der Probe aufgrund einer strukturellen Ähnlichkeit mit SARS-CoV-2-Bestandteilen im Test reagieren, obwohl die Infektion in Wirklichkeit gar nicht durchgemacht wurde.  

Schnelltests: noch ungeeignet

Anders ist die Lage rund um sogenannte Schnelltests: „Davon sind momentan rund 70 am Markt und es gibt noch viel zu wenig Studien, um deren Qualität abschließend zu beurteilen“, sagt Weseslindtner. Diese Schnelltests sind daher laut dem Experten für Tests von Privatpersonen noch ungeeignet. „Hier gab es auch gefälschte Zertifikate, und für niedergelassene Ärzte ist es schwer zu beurteilen, was von einem solchen Testergebnis im Einzelfall zu halten ist.“

Die möglichen Konsequenzen eines falschen Testergebnisses: Menschen wiegen sich in falscher Sicherheit, glauben zum Beispiel, sie können Infizierte pflegen, ohne eine Ansteckung fürchten zu müssen. Oder glauben, sich nicht mehr an die Sicherheitsmaßnahmen (Abstandregeln, Hygiene) halten zu müssen. „Daher empfehlen wir für die Frage nach einer durchgemachten Infektion einen Neutralisationstests, um ein möglichst sicheres Ergebnis zu bekommen“, sagt der Experte.

Immunität: viele Fragen offen

Was bedeutet ein positiver Neutralisationstest nun aber für die Immunität – also den Schutz vor einer erneuten Ansteckung? „Wir gehen davon aus, dass man zu einem gewissen Grad geschützt ist, wenn man neutralisierende Antikörper hat“, sagt Weseslindtner – wirklich wissen könne man es aber nicht, denn: Bisher gab es ja noch keine zweite Welle und damit auch keine Beobachtung dazu, ob sich Covid-Genesene wieder anstecken können oder nicht. Sind bereits neutralisierende Antikörper vorhanden, ist das Immunsystem wahrscheinlich auch in der Lage schneller auf das Virus zu reagieren, es wurde ein „immunologisches Gedächtnis aufgebaut“, wie Weseslindtner erklärt. Dennoch sei bis dato unklar, wie lange diese Immunität anhält und ob sie auch wirklich vollständig vor einer zweiten Infektion schützt.

Und daher sieht der Experte den Nutzen eines Antikörpertests für den Einzelnen momentan kritisch: „So lange wir nicht sicher wissen, was Antikörper für die Immunität bedeuten, machen diese Tests für den Einzelnen nur wenig Sinn“, sagt Weseslindtner.

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO und das deutsche Robert-Koch-Institut empfehlen Antikörpertests nur im Rahmen von wissenschaftlichen Forschungsprojekten. „Und immer gilt: Solche Tests gehören in die Hände von Spezialisten“, sagt Weseslindtner – denn der Laie könne nicht beurteilen, was ein Testergebnis bedeute.