Manchmal hämmert es im Brustkorb, dann wieder spüren wir es gar nicht, unser Herzstück, das unermüdlich Blut durch unseren Körper pumpt. Der Hintergrund: Ein gesunder Organismus kann den zeitlichen Abstand zwischen zwei Herzschlägen den Erfordernissen anpassen. Diese sogenannte Herzratenvariabilität (HRV) entwickelte sich in der Medizin zu einem Maßstab für den Gesundheitszustand. 

Jeder Mensch hat in seinem Körper eine Vielzahl an Sensoren, die dem Herzen wichtige Rückmeldungen liefern, um den gesamten Körper optimal mit Blut versorgen zu können. Über das autonome Nervensystem wird etwa der Herzschlag in seiner Abfolge beeinflusst. So kommt es, dass sich aufeinanderfolgende Herzschläge in Bruchteilen von Millisekunden durch ihre Länge und ihren Abstand zueinander unterscheiden.

Diese natürliche Fähigkeit unseres Herzens, den zeitlichen Abstand von Schlag zu Schlag laufend zu verändern, um sich der jeweiligen Belastung optimal anzupassen, wird Herzratenvariabilität (HRV) genannt. Bei Krankheit, im Alter, aber auch bei Stressbelastung kann diese Fähigkeit verloren gehen und die Variabilität der Herzraten deutlich reduziert werden.

Ausgeglichenes Nervensystem

Die HRV gewann in den vergangenen Jahrzehnten als spezifischer "Anzeiger" für ein gut ausgeglichenes autonomes Nervensystem in verschiedensten medizinischen Bereichen zunehmend an Bedeutung. Aufgrund enger Verschaltung mit zentralnervösen Strukturen unterliegt sie aber auch einer Vielzahl an kognitiven und emotionalen Prozessen.

Somit kann sie auch Auskunft über die Kommunikation zwischen Herz und Gehirn geben. So ist aus Sicht von Andreas Schwerdtfeger, Gesundheitspsychologe an der Universität Graz ist die Herzratenvariabilität auch "ein Zeichen körperlicher und psychischer Vitalität und Flexibilität". Schlägt das Herz zu gleichmäßig, wie etwa bei Menschen mit Depressionen, lasse das etwa auf eine Störung der Kommunikation zwischen Herz und Gehirn schließen.

"Anhand der HRV lässt sich erkennen, ob bzw. in welchem Ausmaß die Vernetzung zwischen Herz und Hirn gestört ist", zeigten sich Gert Pfurtscheller von der TU Graz sowie die klinischen Kooperationspartner Gerhard Schwarz und Klaus Pfurtscheller von der Med-Uni Graz überzeugt. Eine Forschungsgruppe um Schwarz hat bereits 1987 eine "Variabilitätsstarre" der Herzfrequenz als Zeichen der Unterbindung von zentralnervösen Regulationskreisen veranschaulicht.

Atmung kontrolliert den Herzschlag

In diesen Fällen kann die Herzratenvariabilität als Bewertungshilfe der Medizin herangezogen werden: etwa bei Patienten nach Herztransplantationen, Menschen unter künstlicher Beatmung, intensivtherapiepflichtige Frühgeborene oder beim Hirntod.

Umgekehrt führe die Erhöhung der HRV wiederum zu Veränderungen im Gehirn: "Mithilfe kontrollierter Atmung kann man die Herzratenvariabilität und damit das körperliche und seelische Wohlbefinden steigern", betonte Erstautor Schwerdtfeger, der psychologische Zusammenhänge und therapeutische Möglichkeiten untersucht hat.

Er hielt auch einen auf die bisherigen Forschungsergebnisse basierenden Tipp parat: Sechs Atemzüge pro Minute, also alle zehn Sekunden ein Zyklus, würden eine optimale Sauerstoffaufnahme im Gehirn bewirken - "mit dieser Technik lässt sich nicht nur Angst vermindern, auch die Gehirnfunktionen, etwa in Bezug auf das Arbeitsgedächtnis und die Reaktionszeit verbessern sich".