Man riecht nix, man sieht kaum etwas, wenn man Patrick gegenübersitzt - und doch wird sein Körper gerade mit Nikotin geflutet. Verantwortlich dafür ist das kleine Päckchen unter seiner Oberlippe: Snus, der Tabak zum Lutschen, ist vor allem in Skandinavien verbreitet, doch gewinnt auch hierzulande an Beliebtheit.

Schüler tun es, Sportler tun es, konkrete Zahlen gibt es aber kaum: Laut einer Umfrage konsumieren nur 0,5 Prozent der Österreicher ab 15 Jahren täglich rauchfreie Tabakprodukte - zu denen Snus zählt. Aber: Immerhin 16 Prozent gaben an, Snus & Co schon einmal probiert zu haben.

Zwar ist in Österreich - und allen anderen EU-Ländern außer Schweden - der Verkauf verboten, das Internet macht es aber möglich, Snus zu beziehen. In den heimischen Trafiken werden hingegen Alternativprodukte angeboten, die keinen Tabak, aber Nikotin enthalten und daher verkauft werden dürfen.

Hoher Nikotingehalt

Zum Vorschein kommt das Tabakpäckchen, wenn Konsument Patrick es hervorholt und entsorgt - typischerweise nach etwa 15 Minuten Wirkzeit. „Im Vergleich zum Rauchen ist die Wirkung viel stärker“, sagt Patrick - der Nikotingehalt ist höher als bei einer Zigarette, was zu unangenehmen Nebenwirkungen wie Schwindel und Übelkeit führen könne. Aber: „Durch den Nikotinflash fühle ich mich konzentrierter und ich habe weder Husten noch andere rauchtypische Nebenerscheinungen.“

Ist Snus das saubere Rauchen?

„Snus ist keine harmlose Alternative zum Rauchen“, entgegnet Waltraud Posch von der Suchtpräventionsstelle Vivid. Zwar falle das Risiko für Lunge und Atemwege weg, da es keine Verbrennung gebe - dafür sei das Risiko für krankhafte Veränderungen in Mundhöhle, Kehlkopf, Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse erhöht.

Verantwortlich dafür sind laut Posch die enthaltenen krebserregenden Nitrosamine: „Deren Gehalt ist bei Snus besonders hoch.“ Außerdem müsse man das Suchtpotenzial beachten: Das Abhängigkeitspotenzial sei zumindest gleich groß wie bei Zigaretten. „Wir können daher auch Rauchern nicht empfehlen: Steigen Sie um“, sagt Suchtexpertin Posch - die Gefährdung werde nur verschoben.

Das geringere Übel

Anders sieht das Michael Kunze, Experte für Public Health an der Med Uni Wien: „Wissenschaftlich gesehen, ist die Verwendung von Snus weniger gefährlich als das Rauchen von Zigaretten.“ Snus sei gut untersucht, da der Verbrauch in Schweden so verbreitet ist.

So habe sich gezeigt: Obwohl in Österreich und Schweden gleich viel Nikotin konsumiert wird, ist die Lungenkrebsrate in Schweden um die Hälfte geringer. „In Schweden gibt es auch weniger Herzinfarkte, Mundhöhlenkrebs ist auch nicht häufiger“, sagt Kunze. Aber unterstreicht: „Natürlich ist es das Beste, keine Nikotinprodukte zu sich zu nehmen. Wenn es aber nicht ohne Nikotin geht, ist Snus die weniger schädliche Variante.“

Die fatale Suchtwirkung erklärt Kunze so: Nikotin könne sowohl anregen als auch beruhigen - „man bekommt immer das, was man braucht.“ Daher sei es im Sinne der Suchtprävention das Beste, die Finger davon zu lassen.

Schäden am Zahnfleisch

Welche Konsequenzen Snus dort haben kann, wo es angewendet wird - im Mundraum -, weiß Angelika Evgenidis von der Grazer Uniklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit: „Das reicht von rötlichen Verfärbungen am Zahnfleisch bis zu schweren Defekten, durch die sich die Schleimhaut zurückzieht und sogar der Knochen freiliegen kann.“ Ursächlich seien vor allem die in den Päckchen enthaltenen Salze, die den pH-Wert im Mund verändern.

Bleibende Schäden seien zwar selten - „die Mundschleimhaut regeneriert sich schnell“ -, aber möglich: Das Zahnfleisch könne sich zurückziehen, manchmal seien operative Eingriffe nötig, um die Schleimhaut zu reparieren. „Ich kann Snus jedenfalls nicht empfehlen“, sagt Zahnmedizinerin Evgenidis.