Sie war der heimliche Star einer Veranstaltung, bei der eigentlich Apples neue Smartphone-Flaggschiffe im Scheinwerferlicht strahlen sollten: In die vierte Generation der Computeruhr Apple Watch, ließen Tim Cook & Co. im September am Rande der iPhone-Vorstellung wissen, baue man als weltweit erster Hersteller ein EKG-Messgerät ein. Die Überraschung war gelungen, rasch begann eine lebhafte Diskussion über Aussagekraft und Glaubwürdigkeit der erhobenen Werte.

Seit dieser Woche und einem Software-Update ist die Funktion auch in Österreich verfügbar. Wir nahmen einen Testlauf vor und fragten, welche Datenqualität die Uhr wirklich liefert.

Kein Vorhofflimmern

„Ich kann Sie beruhigen, das sieht alles gut aus.“ Diese Worte hört man gerne von einem Arzt – vor allem nachdem man ihm gerade seine per Apple Watch gemessenen EKG-Daten vorgelegt hat. Herzspezialist Martin Hülsmann von der Kardiologischen Gesellschaft bestätigt damit die Diagnose der Uhr: Das Herz schlägt im Sinusrhythmus, es gibt keine Anzeichen für ein Vorhofflimmern. Diese Rhythmusstörung im Herzen ist die einzige Erkrankung, die mittels Apple Watch entdeckt werden kann.

EKG-Aufzeichnung und ´Diagnose´ beim Selbsttest
EKG-Aufzeichnung und ´Diagnose´ beim Selbsttest © Krause

„Ein ärztliches EKG ist viel aussagekräftiger, es läuft über zwölf Ableitungen, nicht nur über einen Kanal, wie bei der Smartwatch“, sagt Hülsmann. Das Prozedere selbst ist sehr einfach: Die Arme müssen ruhig liegen, die Uhr misst über den Sensor auf der Unterseite der Uhr am Handgelenk und jenen im seitlichen Rädchen („Krone“), auf den man den Finger der anderen Hand legt. Nach 30 Sekunden bekommt man das Ergebnis inklusive Diagramm.

„Studien haben gezeigt, dass die Treffsicherheit sehr hoch ist“, sagt Hülsmann – die US-Arzneimittelbehörde hat die Technologie als Medizinprodukt zugelassen. Aber: „Anwender dürfen sich nicht in falscher Sicherheit wiegen“, sagt Hülsmann. Den regelmäßigen Gang zum Arzt ersetze die Uhr nicht. Besonders wertvoll könne die Technologie für ältere Menschen sein oder jene, die bereits bekannte Herzerkrankungen haben – eine mögliche Nachsorge mittels Watch und App müsse aber immer vom Arzt begleitet werden.

Konkurrenten ziehen nach

Übrigens: Apple führt mit der Apple Watch den Markt für Computeruhren seit dem Start 2015 deutlich an, die EKG-Funktion aber könnte dem IT-Krösus als Alleinstellungsmerkmal bald abhandenkommen. Der französische Hersteller Withings zeigte zu Beginn des Jahres eine diesbezügliche Hybrid-Uhr, wartet aber noch auf die Zulassung. Withings rechnet fest damit, dass sich das Wachstum in der Gesundheitstechnik „in den kommenden zwei Jahren beschleunigen wird“.