Niki Lauda, der als Nierentransplantierter im August 2018 auch noch eine neue Lunge bekam, hat die Grippe (medizinisch: Influenza) erwischt.

Noch ist die Grippewelle nicht in Österreich angekommen - doch sie wird kommen, das ist gewiss. Schon seit Herbst erinnern Mediziner daran, sich rechtzeitig gegen die Influenza impfen zu lassen - denn entgegen der landläufigen Meinung sei die Influenza keine harmlose Erkrankung.

„Wir sehen junge, gesunde Menschen, die wegen einer Grippe bei uns auf der Intensivstation landen und im schlimmsten Fall sogar sterben“, sagt Infektionsspezialist Robert Krause. Die Grippe, die mit hohem Fieber, schmerzhaftem Husten und starkem Kopfschmerz einhergeht, sei keine Krankheit, bei der man „im Bett liegt, liest und fernschaut, sondern man hofft nur, dass es bald vorbei ist“, sagt Kinder- und Jugendfacharzt Hans Jürgen Dornbusch.

Besonders gefährlich wird die Grippe, wenn Komplikationen auftreten: Die Viren können Herz, Lunge oder sogar Gehirn angreifen – ein Lungenversagen oder eine Herzmuskelentzündung sind mögliche Konsequenzen. Jedes Jahr sterben laut Dornbusch etwa 1000 ältere Menschen in Österreich durch die Influenza. Und: Eine Untersuchung von Werner Zenz hat gezeigt, dass in der letzten Saison neun Kinder mit Grippe gestorben sind – sechs davon hatten eine Vorerkrankung.

Für Menschen wie Niki Lauda, dessen Immunsystem unterdrückt wird, um eine Abstoßung der Organe zu verhindern, sind Impfungen besonders wichtig - und sie sind auch darauf angewiesen, dass sich Menschen in ihrer Umgebung impfen lassen!

Menschen mit geschwächtem körpereigenen Abwehrsystem brauchen besonderen Schutz : Dazu kann es durch eine Krankheit oder als Begleiterscheinung einer medizinischen Behandlung wie Chemotherapie bei Krebs oder Immunsuppression nach Organtransplantation kommen.

Im Österreichischen Impfplan heißt es als generelle Empfehlung: "Jeder, der sich und seine Familienangehörigen (Kontaktpersonen) schützen will, soll sich impfen lassen." Würde dieser Grundsatz in Österreich allgemein umgesetzt, könnte man über den "Herdenschutz" auch Menschen mit schwächerem Immunsystem Probleme und schwere Erkrankungen ersparen. Dazu zählen auch "gesunde" Betagte und Hochbetagte.

Immer mehr Menschen betroffen

"Es gibt immer mehr Menschen, die therapiebedingt ein geschwächtes Immunsystem haben. Das sind zum Beispiel Patienten, die mit sogenannten Biologika oder anderen immunsuppressiven Medikamenten gegen chronische Polyarthritis, Multiple Sklerose oder chronischen Hauterkrankungen (schwere Psoriasis) behandelt werden", sagte die Leiterin des Instituts, Ursula Wiedermann-Schmidt.

Es sind nicht mehr "nur" Patienten nach Organtransplantationen oder während bzw. nach einer hoch wirksamen Chemotherapie, bei denen sich Fragen rund um den Impfschutz stellen. Viele Menschen und auch manche Ärzte fürchten allfällige Komplikationen durch Impfungen bei "Immungeschwächten". Teilweise wird die Gefährdung zu hoch angesetzt und auf wirksamen Infektionsschutz verzichtet.

Richtig impfen

Laut den Experten kommt es jeweils auf eine maßgeschneiderte Vorgangsweise an: Weil Menschen unter einer immunsuppressiven Therapie von sich aus durch Infektionen mehr gefährdet sind, womit eigentlich auf einen möglichst guten Impfschutz zu achten wäre. "Umso wichtiger ist es, wie man bei den Impfungen vorgeht", sagte Wiedermann-Schmidt. Andererseits können bei manchen dieser Menschen Impfungen auch schlechter wirken. Auch hier bedürfe es spezieller Überlegungen.

Grundsätzlich gilt, dass alle Impfungen, die im Österreichischen Impfplan empfohlen werden, vor dem geplanten Start einer immunsuppressiven Therapie und bei chronischen Erkrankungen überhaupt so früh wie möglich durchgeführt werden sollten.

Dabei werden drei Stadien einer Abwehrschwäche unterschieden:

  • Keine oder eine für Impfungen nicht relevante Immunsuppression liegt zum Beispiel bei einer kurzzeitigen Kortisontherapie oder bei Verwendung von inhalierbaren Kortisonpräparaten vor, ebenso nicht bei einem gut eingestellten Diabetes mellitus.

  • Unter die Gruppe der Patienten mit leichter bis mittelgradiger Immunschwäche fallen Personen mit niedrig dosierten Immunsuppressiva (z.B. Methotrexat bei rheumatischen Erkrankungen).

  • Schwere hämatologische Erkrankungen, der Zustand nach Transplantation oder zum Beispiel die Behandlung mit den in der Rheuma- oder Psoriasistherapie eingesetzten Biologika bedeutet eine starke Immunsuppression.

Wiedermann-Schmidt stellte dazu grundsätzlich fest: "Insgesamt geht es bei den Impfungen am ehesten um die Lebendimpfstoffe (vor allem Masern, Mumps und Röteln sowie Varicellen)." So kann es notwendig sein, einen Abstand zwischen der immunschwächenden Therapie und einer neuen Impfung einzuhalten. Das ist von der jeweils durchgeführten Therapie abhängig. In vielen Fällen - zum Beispiel bei einer Rheumatherapie mit Biologika - kann bei Bedarf eventuell vorübergehend die Dauerbehandlung auch ausgesetzt werden, um eine Immunisierung zu ermöglichen. Bei schwerer Immunsuppression sollten Lebendimpfstoffe nicht verabreicht werden. Es kann aber auch Ausnahmen geben.

Anders ist das bei Totimpfstoffen: Keuchhusten, Pneumokokken, Polio-Impfung zum Injizieren, die meisten Influenza-Vakzine, Hepatitis-Vakzine: Bei solchen Impfungen können Laboruntersuchungen (Titeruntersuchungen auf Antikörper im Blut) wichtig werden, um festzustellen, ob sich der gewünschte und erforderliche Impferfolg durch die Bildung von ausreichend schützenden Antikörpern eingestellt hat. Das gewährleistet erst den Schutz.