Herr Goswami, Sie stammen aus Indien: Wie verbreitet ist Yoga dort, welchen Stellenwert hat es?

NANDU GOSWAMI: In Indien ist Yoga sogar Regierungssache, es gibt dort ein eigenes Ministerium für Yoga, das dem Gesundheitsministerium gleichgestellt ist. Das Ministry of Ayush steht für Yoga, Ayurveda, Unani und Siddha-Medizin. Yoga wird in Indien in der Schule, auf Universitäten und in vielen privat Zentren unterrichtet.

Hierzulande scheint es, dass Yoga einerseits der Hauch des Esoterischen anhaftet, andererseits wird Yoga immer öfter als reine Fitnessmethode zur Formung des Körpers angeboten. Was ist Yoga wirklich?

Yoga ist ein sehr weit umfassender Begriff, der philosophisch-geistige wie körperliche Aspekte einschließt. Yoga ist weder Sport noch Religion, sondern ein körperliches und geistiges Training. Yoga zählt zu den ältesten Heilpraktiken, die sich mit dem Menschen in seiner Ganzheit beschäftigen. Wörtlich übersetzt bedeutet das Sanskrit-Wort yoga ja Verbindung oder Vereinigung und damit ist die Einheit von Geist und Körper gemeint.

Welche Aspekte gehören zu einer Yoga-Praxis, um dem Anspruch von Einheit gerecht zu werden?

Das sind die Körperhaltungen, die sogenannten Asanas, Atemübungen, Pranayamas genannt, Konzentration und Sammlung in Form der Meditation sowie Entspannung und Regeneration: Das sind die Hauptbestandteile von Yoga.

Nandu Goswami, Mediziner Med Uni Graz
Nandu Goswami, Mediziner Med Uni Graz © KK

Als Mediziner beschäftigen Sie sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen von Yoga - was weiß die Wissenschaft heute darüber?

Zunächst können wir generell sagen, dass die Kombination aus geistiger und körperlicher Aktivität das von allen erwünschte gesunde Altern nicht nur möglich macht, sondern aktiv fördert. Somit kann Yoga eine wichtige Rolle in der Vorsorgemedizin spielen.

Aber welche Aspekte der Gesundheit lassen sich dabei beeinflussen?

Es gibt schon zahlreiche Studien, die die Wirkung von Yoga belegen. Zum Beispiel hatten Menschen mit Rückenschmerzen, die begannen, Yoga zu praktizieren, deutlich weniger Beschwerden als eine Vergleichsgruppe. Eine Studie der Universität Harvard hat gezeigt, dass Menschen, die Yoga machen, eine bessere Schlafqualität haben. Das liegt daran, dass Yoga Stress reduzieren kann: Chronischer Stress kann besonders durch Atemtechniken und Meditation positiv beeinflusst werden. Die bewusste Lebensweise, die mit Yoga einhergeht, lässt unsere Zellen langsamer altern. Und: Regelmäßige Yoga-Übungen können den Stress am Arbeitsplatz reduzieren, das zeigte eine Untersuchung aus den USA. Durch Yoga kann es gelingen, jene Reaktionen umzukehren, die zu Ängsten und Depressionen führen.

Welche Dosis Yoga würden Sie als Mediziner daher verschreiben?

Das kann man nicht pauschalieren, aber was die Asanas betrifft, können es einige Minuten bis eine Stunde täglich sein. Bestimmte Yoga-Disziplinen sollten immerfort praktiziert werden, wie der respektvolle Umgang mit sich selbst und mit anderen.

Kann man in jedem Alter mit Yoga beginnen?

Ja. Yoga kann überall von Menschen aller Altersgruppen ausgeübt werden. Es passt sehr gut zum gesunden Lebensstil, von der Kindheit bis zum gesunden Altern.