Greenpeace hat sich für einen neuen Report erneut in der Welt der Kosmetik umgesehen und dort Make-ups und Lippenstift elf bekannter Marken nach Kunststoffen bzw. nach Mikroplastik untersucht. Das Resultat der 664 Produkte umfassenden Online-Recherche: 502 Artikel und somit über 75 Prozent enthielten Plastik - teilweise auch, wenn sie als "frei von Mikroplastik" beworben wurden. Einmal mehr fordert die NGO daher ein Verbot dieser bedenklichen Inhaltsstoffe.

Die Forschung zeige, dass Plastik in der Umwelt wie ein Schwamm die Schadstoffe aufsaugt und die belasteten Partikel über die Nahrungskette auch wieder im Körper von Menschen landen, schrieb die NGO zu den möglichen Gefahren für die Gesundheit. Greenpeace trat am Montag in einer Aussendung dafür ein, dass Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) eine rasche Untersagung der Verwendung von festem Mikroplastik wie auch von flüssigen, halbfesten und löslichen Kunststoffen in Kosmetika vorantreiben solle. Der Vorschlag auf EU-Ebene sei nur ein erster Schritt, der verbessert und geschärft werden müsse.

Mikroplastik nicht nur in fester Form

"Viele Hersteller schreiben auf die Verpackung, dass ihre Kosmetik frei von Mikroplastik ist. Was sie dabei unerwähnt lassen ist, dass viele ihrer Produkte sehr wohl flüssiges oder halbflüssiges Plastik" enthalten, so der Vorwurf von Lisa Panhuber, Konsumexpertin bei Greenpeace Österreich. Denn für diese Kosmetikhersteller ist Mikroplastik Kunststoff in fester Form, jedoch nicht gel- oder wachsartige Stoffe, die auf der Haut für Schimmereffekte oder Mattierung sorgen. Fazit der Untersuchung war, dass von den 502 plastikhaltigen Kosmetikprodukten 162 (26 Prozent) Mikroplastik enthalten.

"Die besorgniserregendste Erkenntnis aus der Untersuchung ist, dass in den Produkten, die auf sensible Körperbereiche wie Augen und Lippen aufgetragen werden, Kunststoffe (feste und nicht feste) am häufigsten vorkamen", heißt es im 25-seitigen Report "Zum Abschminken - Plastik in Kosmetik". "Die ungeschminkte Wahrheit ist, dass wir uns regelmäßig Plastik auf das Gesicht schmieren", stellte Panhuber fest. Am häufigsten fanden sich Kunststoffe in Augen-Make-up (90 Prozent). Lippenstift und Lipgloss folgen mit 73 Prozent, Make-up mit 71 Prozent. Puder enthielten am seltensten Kunststoff, aber immerhin noch in 51 Prozent der Artikel war es zu finden.

Blut-Hirn-Schranke und menschliche Plazenta 

Und das Plastik in der Kosmetik stellt laut der NGO ein mehrfaches Problem dar, nicht nur, dass man winzige Teil verschlucken kann: "Was das für unsere Gesundheit bedeutet, ist bisher noch nicht geklärt. Es gibt jedoch Hinweise, dass die Kunststoffe in Form von Mikro- oder den noch kleineren Nanopartikeln auch hochselektive Barrieren wie die Blut-Hirn-Schranke und sogar die menschliche Plazenta überwinden können."

Im Durchschnitt nimmt ein Mensch bis zu fünf Gramm Plastik pro Woche auf, was dem Gewicht einer Kreditkarte entspricht, warnte die NGO unter Hinweis auf eine im Jahr 2019 publizierte Studie des WWF zu dem Thema. Und dabei bleibt es nicht, denn alleine in Deutschland gelangen jährlich etwa 330.000 Tonnen an primärem Mikroplastik aus diversen Quellen in die Umwelt.