Ich MUSS jetzt lernen“: Viele haben das Lernen aus der Schulzeit negativ abgespeichert. Warum ist Lernen in Österreich kein Hobby wie zum Beispiel Fußball oder Tanzen?

KATHARINA TURECEK: Das liegt sicher daran, dass Lernen bei uns überprüft und gemessen wird. Und es wird nicht am eigenen Lernerfolg gemessen, sondern an dem der anderen. Das führt zu Frust, Stress und Druck. Das wäre so, wie sich beim Abnehmen am Gewicht der Nachbarin zu orientieren. Aber genau das machen wir beim Lernen, wir messen uns ständig an dem, was andere wissen. Anstatt uns über das Wissen, das wir haben, zu freuen und es zu erweitern, wird immer verglichen, wer welche Note hat. Da liegt für mich auch die Chance im Erwachsenenalter, hier gibt es keine Prüfung, es gibt keinen Druck, weil man es für sich selbst macht. Das ist Voraussetzung für Lernen als Hobby.

Mit Ihrem Buch sprechen Sie speziell wissenshungrige Erwachsene an, die lernen wollen. Warum heben Sie das so hervor?

Also kann man es schon verlernen?

In dem Moment, in dem wir mit dem Lernen aufhören, verlernen wir auch ein bisschen das Wie. Das heißt also, man muss, egal ob man 30 oder 60 ist, wieder hineinkommen, wenn man es länger nicht getan hat. Wobei verlernen ein schwieriger Ausdruck ist, weil viele bereits in der Schule nicht richtig, also nicht nachhaltig lernen.

Die einen lernen besser, wenn sie den Stoff sehen, andere müssen ihn hören ... Was ist dran an Lerntypen?

Sie sind ein bisschen überbewertet, weil man Menschen nicht in Schubladen stecken kann. Es stimmt schon, dass wir alle verschiedene Vorlieben und Fertigkeiten haben, aber daraus abzuleiten, dass der eine so und der andere andersherum lernen muss, führt in den meisten Fällen dazu, dass wir uns einschränken. Besser ist es, eine ganzheitliche und vielfältige Lernstrategie anzuwenden.

Viele haben ja mit Familie und Beruf ohnehin schon einen vollen Kalender. Wie lässt sich das Lernen geschickt in diesen stressigen Alltag packen?

Lernen hängt mit Neugier zusammen. Kommt sie uns mit dem Alter abhanden?

Wir gehen oft sehr passiv durch den Alltag. Uns ist so vieles egal. Wir hören etwas, kennen es nicht, aber es interessiert uns auch nicht. Und was wir nicht kennen, wollen wir schon gar nicht hören. Man sollte versuchen, offener durch den Alltag zu gehen. Dass man zum Beispiel bei einem Ländernamen, den man nicht kennt, nachsieht, wo das liegt. Dafür muss man auch keine Zeit einplanen, das ist ein Lebensstil, eine Einstellung, interessiert zu sein.

Zum Schluss eine persönlichere Frage: Sie haben einen IQ von 136. Fühlen sich andere von Ihnen eingeschüchtert?

Beim Ausgehen kann man Männer schon ordentlich verschrecken. Im beruflichen Kontext habe ich aber nur positive Erfahrungen gemacht. Es erfordert Fingerspitzengefühl. Außerdem würde ich nicht davon ausgehen, dass Menschen mit einem höheren IQ in allen Situationen die besseren Entscheidungen treffen. Ich würde mich auch nie über andere Menschen stellen aufgrund dieses einen Wertes.