Jedes Jahr erscheinen mehrere Ratgeber zum Thema Kommunikation – was unterscheidet Ihr Buch von anderen?

GREGOR WITHALM: Das Buch soll Lust darauf machen, sich gewisser Dinge des kommunikativen Alltags bewusst zu werden. Es soll Inspiration sein, Impulse vermitteln. Eben weil es schon so viele Bücher gibt, die einem sagen, was man tun oder besser nicht tun sollte, war es mein Anspruch, den erhobenen Zeigefinger zu vermeiden. Das Wichtigste ist, dass Kommunikation nicht knallharte Technik und Strategie ist, sondern vor allem Spaß machen soll. So kann man schon einmal nichts falsch machen.

Man beginnt also bei sich selbst, nicht etwa bei der Sprechtechnik. Wie klappt denn das am besten?

WITHALM: Indem man sich mit sich selbst auseinandersetzt: Was kann ich? Wie reagiere ich? Wovor drücke ich mich? Das ist unangenehm, aber unerlässlich, bevor man darüber nachdenkt, wie erfolgreiches Kommunizieren funktioniert, was Wertschätzung, Achtsamkeit, Zufriedenheit heißen. Diese Qualitäten mit Leben zu erfüllen funktioniert erst, wenn man sich mit sich selbst beschäftigt, sich entschließt, außerhalb der Box – Job, Familie – etwas für sich zu tun. Ich nenne das meinen Krautgarten erweitern.

Warum muss ich meine Komfortzone, meinen Krautgarten verlassen, um besser kommunizieren zu können?

WITHALM: Ich vergleiche das gern mit dem Hausbau, man beginnt mit dem Keller, nicht mit dem Dach. Auf der Suche nach schnellem Erfolg ist die Verlockung sehr groß, mit dem Dach zu beginnen – spezielle Rhetorikkurse zu besuchen, zu erfahren, wie man in gewissen Situationen am besten argumentiert. Nur funktioniert das meist nicht, weil das Fundament fehlt – die eigene Persönlichkeit.

Wie lange dauert es denn durchschnittlich, bis man sich den letzten Schliff in Sachen Kommunikation verleihen kann?

WITHALM: Dieser Prozess, der niemals endet, entwickelt Persönlichkeit, die nach außen wahrgenommen wird. Oft sind kommunikative Situationen so, wie man sie erwartet. Es wird etwas präsentiert, ein Meeting findet statt – aber wie schön ist es, wenn sich jemand selbstbewusst hinstellt und dann sogar etwas zu sagen hat. Ich werbe dafür, aktiver Kommunikator zu sein, sich im Sinne der eigenen Qualitäten und nicht der antrainierten Strategien auszuzeichnen. Wenn man das einmal erfährt, will man sich vielleicht mehr holen, sich verbessern.

Der Austausch via Smartphone ist vielen unentbehrlich geworden – wie kann achtsame Kommunikation heute gelingen?

WITHALM: Die achtsame Kommunikation hat in der heutigen Zeit zwei Feinde – die Oberflächlichkeit und die hohe Dynamik unseres Zeitalters. Das vermeintlich glückmachende Ziel ist, dass man Botschaften auf vielen Kanälen schnell, gezielt, pointiert oder überspitzt kommuniziert – damit ist die Botschaft one-way abgesendet. Wie der Empfänger reagiert, wie sie bei ihm ankommt, ist nicht mehr so wichtig. Ich sage nicht, dass Whats App schlecht ist, ich benutze es ja selbst. Aber man kann sich schon fragen: Reicht ein Emoji oder brauche ich mehr Qualität in der Botschaft?

Verwenden Sie selbst Emojis?

WITHALM: Sicher, damit kommt etwas an, und das reicht oft – auch weil sich das Gegenüber meist gar nichts anderes mehr erwartet. Das Sich-Abkapseln, viel zu kommunizieren, viel Feedback zu kriegen und sich daran zu erfreuen ist aber auch nur ein sehr kurzfristiger Erfolg. Umso stärker sind wir gefordert, wieder mehr Raum für Qualität in der Kommunikation zu schaffen.

Wie kann das gelingen?

Wir müssen auf unsere Sprache aufpassen, weil wir sie durch die knappe Kommunikation nicht mehr trainieren. Wir sprechen in einem engen Segment – es reicht, um Hunger oder Ketchup oder anderes auszudrücken. Aber zwischendurch kann man sich treffen, zuhören, miteinander sprechen, sei es auch nur kurz, denn da passiert etwas zwischen den Gesprächspartnern, auch nonverbal. Diese Qualitäten zu wecken, sie zu kultivieren und somit auch die Sprache auf einem gewissen
Niveau zu erhalten halte ich für wichtig.