Ich packe meinen Koffer und nehme mit: Handtücher, Badeanzug, Sonnenbrille und natürlich Sonnencreme. Die weiße, schmierige Paste erfreut sich zwar keiner großen Beliebtheit, dass sie wichtig ist, haben die Österreicher allerdings verstanden: Rund 80 Prozent versuchen sich vor zu hoher Sonneneinstrahlung zu schützen, das ergab eine Online-Befragung des Marktforschungsinstituts Integral im Mai 2019.
Am liebsten greifen die Österreicher dafür zu herkömmlicher Sonnencreme. Wer aber seinen Sommerurlaub schon mal an gut besuchten Stränden verbracht hat, kennt bestimmt auch den öligen Film, der sich an der Oberfläche der brechenden Wellen bildet. Ob das gut für die Umwelt sein kann?

Eines gleich vorweg: Nein, kann es nicht. Bis zu 14.000 Tonnen Sonnenschutzmittel gehen jährlich im Meer baden, das hat die US-amerikanische Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA) erhoben. Die wirkliche Gefahr für die Meere bergen allerdings die für uns unsichtbaren Inhaltsstoffe in der Sonnencreme.

Grundsätzlich lassen sich zwei Arten der UV-Filterung unterscheiden. Zum einen wären da die herkömmlichen chemischen Filter, die aufgrund von Stoffen wie Octocrylen oder Oxybenzon funktionieren. Sie dringen in die obere Schicht der Haut ein und wandeln hier UV-Strahlung in Wärmeenergie um. „Am Meeresboden der Adria wurde Octocrylen in großen Mengen nachgewiesen“, sagt Nunu Kaller, Konsumentensprecherin bei Greenpeace.

„Der Meeresboden braucht aber keinen Sonnenschutz.“ Tatsächlich stehen chemische UV-Filter im Verdacht, das Wachstum von Algen zu hemmen und sich im Gewebe von Korallen festzusetzen. Mögliche Folgen: Deformation, Korallenbleiche und Korallensterben. Auch wenn der kausale Zusammenhang noch nicht ganz klar ist: Die Pazifik-Paradiese Hawaii und Palau haben bereits Gesetze beschlossen, die es verbieten, Sonnencremes mit diesen Inhaltsstoffen in Umlauf zu bringen.

Eine Alternative: mineralische Sonnencreme. Im Vergleich zu chemischen Filtern werden hier Partikel von Titandioxid und Zinkoxid als Filter eingesetzt. Diese funktionieren auf unserer Haut wie tausende kleine Spiegel, die die Sonnenstrahlen reflektieren. Es handelt sich um einen rein physikalischen Vorgang.

Bleiches Antlitz gegen bleiche Korallen

Der Haken dabei: Die mineralischen Cremes lassen sich nur schwer verschmieren und bilden eine weiße Maske auf der Haut, man spricht vom „Weißeleffekt“. Um ihn zu vermeiden, werden physikalische Filter auf Nanogröße verkleinert. Das ist wiederum schlecht für die Umwelt: Studien zeigten, dass Nanopartikel von Wasserflöhen aufgenommen werden, was wiederum zu deren Tod führte. „Die Wahl der Sonnencreme ist in Wahrheit eine Wahl zwischen Cholera und Pest“, sagt Kaller.

„Aber wenn man sich ansieht, welchen immensen Schaden chemische Filter in der Meeresflora und -fauna anrichten, muss die Empfehlung in Richtung mineralische Cremes gehen.“ Wer auf der sicheren Seite sein will, verzichtet auf Nanopartikel in mineralischen Sonnencremes und nimmt die Clownsmaske in Kauf. Kaller spricht in diesem Zusammenhang von einer generellen Umgewöhnung, die stattfinden müsse.

Sonnencremes gelangen übrigens nicht nur beim Schwimmen in unser Ökosystem. Beim Wandern oder Fahrradfahren zum Beispiel, können die Filterstoffe über Schweißtröpfchen in die Umwelt gelangen. Auch Pumpsprays verfehlen ihr Ziel allzu oft, Umweltfreunde greifen also lieber zu Cremes. So lässt sich das nächste Sonnenbad garantiert mit gutem Gewissen genießen.

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