"Würden wir nicht schwitzen, müssten wir hecheln wie Hunde“, erklärt Daisy Kopera, Dermatologin am LKH-Uniklinikum Graz die meist ungeliebte und Temperatur regelnde Reaktion des Körpers auf die Hitze. Der Schweiß arbeitet wie eine Klimaanlage, die den Körper durch die Verdunstungskälte vor Überhitzung schützt.

Nasse Flecken auf Leiberln, die dazu meistens nicht mit allzu lieblichen Gerüchen verbunden sind, haben dem Schwitzen keinen guten Ruf eingebracht – man denke nur an Begriffe wie „du Schwitzer!“ oder „jemanden in den Schwitzkasten nehmen“.

Wobei die Schweiß-Toleranzgrenze immer von der jeweiligen Umgebung abhängig ist. Fließt im Fitnesscenter der Schweiß in Bächen, ist es eine Bestätigung für die sportliche Anstrengung – ohne Schweiß kein Preis. Passiert es aber im Businessmeeting oder beim Vorstellungsgespräch, bekommt man alleine schon beim Gedanken daran, ja genau – einen Schweißausbruch. Kopera: „Hier spielen Stresshormone eine Rolle. Im Geschäftsleben verbindet man, wenn jemand schwitzt, dass er nervös oder überarbeitet ist. Dabei ist Schwitzen eine natürliche Reaktion des Körpers und nichts Abstoßendes.“

"So individuell wie unser Fingerabdruck"

Als durchaus störend kann der Geruch empfunden werden, der entsteht, weil die Substanzen aus dem Schweiß – Salze, Fette, Buttersäure, Ammoniak und Harnstoff – an der Luft oxidieren und reagieren. „Das ist beim einen mehr, beim anderen weniger der Fall.“ Denn unser Schweiß „ist so individuell wie unser Fingerabdruck.“

Sport, Stress oder Angst, unser Schweiß verrät, wie wir uns fühlen. Angeblich löst der Geruch von Angstschweiß beim Gegenüber sogar Mitleid aus. Auch zwischenmenschliche Differenzen können auf dieser Duftnote basieren. „Deshalb kann man manche Menschen ,nicht riechen’“, erklärt die Dermatologin. Bei Frauen und Männern kommt es vor allem aufgrund hormoneller Unterschiede zu einer anderen Geruchsentwicklung.

Deo oder Antitranspirant?

Egal, ob männlich oder weiblich, gegen den Geruch ziehen viele mit Deos oder Antistranspiranten ins Feld, wobei sie nicht dieselbe Wirkung haben. Deos bekämpfen den Geruch, das Antitranspirant oder Antiperspirant unterdrückt das Schwitzen, indem es die Ausführausgänge verengt und so auch weniger Schweiß produziert wird.

Je nach Körperregion sorgen 40 bis zu 400 Schweißdrüsen pro Quadratzentimeter in der Haut dafür, dass wir bei hohen Temperaturen nicht überhitzen. In besonders hoher Dichte sind sie an Händen, Füßen und unter den Achseln zu finden. Das sind auch die Bereiche, in denen Hyperhidrose-Patienten – Menschen, die an übermäßigem Schwitzen leiden – vor allem betroffen sind.

Die Erkrankung kann sowohl erblich bedingt, als auch durch Medikamente hervorgerufen werden. Expertin Kopera rät Betroffenen zur so genannten „Leitungswasser-Iontophorese“. Bei diesem Verfahren werden Hände und Füße in mit Leitungswasser gefüllte Wannen gehalten durch die schwacher Strom geleitet wird.

Botox gegen Schwitzen

Ein anderes Verfahren hat es zu deutlich mehr Berühmtheit geschafft: die Behandlung der Schweißdrüsen mit einem Nervengift. „Botulinumtoxin blockiert die Muskulatur der Schweißdrüsenausführungsgänge. Weil der Schweiß nicht abrinnen kann, wird auch weniger produziert.“ Wer dem Schwitzen auf natürliche Weise den Kampf ansagen will, dem sei Salbeiextrakt sowie leichte Baumwollkleidung ans Herz gelegt.

Im wahrsten Sinne des Wortes professionelle Schwitzer sind übrigens die Finnen. Die Sauna – übersetzt „Schwitzstube“ – gehört hier zur kulturellen Identität. 99 Prozent der Finnen saunieren zumindest einmal pro Woche. Ein finnisches Sprichwort besagt, dass die Schwitzstube die Apotheke der armen Leute ist.

Schwitzen im Weltraum

Dass Schwitzen nicht nur ein irdisches Problem ist, konnten Wissenschaftler der deutschen Charité belegen. Sie konnten nachweisen, dass die Körper der ISS-Astronauten in der Schwerelosigkeit regelrecht heiß liefen. Ihre Körpertemperatur lag im Ruhezustand bei 38 Grad, bei Sport oft bei mehr als 40 Grad. Grund dafür: Der Körper kann die überschüssige Hitze in der Schwerelosigkeit nicht so einfach loswerden, weil der Schweiß weniger verdampft als auf der Erde. Da wünscht man sich ja fast schon wieder auf den heimischen Planeten zurück.