Der Unfall ereignete sich im August 2017 im Hof einer Wohnanlage, wo Autos parken und Kinder spielen. Die Lenkerin eines Elektroautos fuhr im Schritttempo aus ihrem Carport, als ein 8-jähriges Kind hinter einer Hausecke hervorstürmte und ihr ins Fahrzeug lief. Die Kollision ging für das Kind glücklicherweise relativ glimpflich aus, allerdings wurde die gesamte Rettungskette inklusive Hubschraubereinsatz in Gang gesetzt, was hohe Kosten verursachte.

Der Fall landete mit einer Schadenersatzforderung von etwa 7000 Euro gegen die Autofahrerin und deren Kfz-Versicherung vor Gericht. Das Hauptargument der Klägerseite: Wenn ein Auto nahezu geräuschlos fährt, muss es extra erkennbar gemacht werden. Anders gesagt: Die Lenkerin hätte, während sie vorsichtigerweise ohnehin nur im Schritttempo fuhr, prophylaktisch auch noch hupen müssen. Gestritten wurde auch um die Frage, wieweit die Lenkerin aufgrund des fehlenden Motorgeräusches einen Einweiser beim Wegfahren gebraucht hätte und eine weiter links liegende Fahrlinie hätte wählen müssen – trotz gültigen Rechtsfahrgebots in Österreich.

Urteil hielt in zwei Instanzen

Das Erstgericht entschied in allen Fragen zugunsten der Beklagten und verneinte sowohl Verschulden als auch Haftung für das Zustandekommen des Unfalls. Das Landesgericht Klagenfurt bestätigte diese Entscheidung jetzt als zweite Instanz mit einem rechtskräftigen Urteil.

Thomas Romauch ist Rechtsanwalt in Krumpendorf am Wörthersee
Thomas Romauch ist Rechtsanwalt in Krumpendorf am Wörthersee © KK

Der Kärntner Rechtsanwalt Thomas Romauch, der die Frau vor Gericht vertrat, sagt: „Ich hatte tatsächlich Bauchweh, ob das erstgerichtliche Urteil hält, zumal ein 8-Jähriger in den Unfall involviert war. Man entschied sich aber, richtungsweisend zu sagen: ,Es kann nicht sein, dass man Elektroauto-Besitzern zusätzliche Belastungen auferlegt, die Besitzer von Benzin- oder Dieselfahrzeugen nicht haben. Warum weiter links fahren, als es das Rechtsfahrgebot vorsieht? Warum einen Einweiser nehmen? Warum vorsorglich hupen? All diese Überlegungen wurden verworfen.“ Hätte das Gericht anders entschieden, wäre es, so Romauch, schließlich auf eine Schlechterstellung von E-Auto-Fahrern hinausgelaufen. „Eventuell müssten diese dann auch noch eine Strafe wegen Hupens trotz grundsätzlich gegebenen Hupverbotes gemäß Paragraf 43 der Straßenverkehrsordnung in Kauf nehmen.“

Spielt der Ort eine Rolle?

Ob es zu dieser Entscheidung auch gekommen wäre, hätte der Unfall unter vergleichbaren Bedingungen auf einer Gemeindestraße stattgefunden? „Das hätte keinen Unterschied gemacht. Nur die Notwendigkeit, Schritttempo zu fahren, könnte man nicht eins zu eins auf eine Gemeindestraße übertragen“, sagt der Anwalt, der in diesem Fall auch den schwierigen Entlastungsbeweis nach Paragraf 9 des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes erbringen konnte, dass seine Mandantin besonders umsichtig gefahren ist, der Unfall somit unabwendbar war.