Medizinische Bildgebung bis auf die molekulare Ebene und damit mehr medizinischer Durchblick - mit dieser Idee lassen Forscher der TU Graz aufhorchen. Erreichen wollen sie das Ziel mit einem neuen Kontrastmittel-Konzept für die Magnetresonanz-Tomografie (MRT). Dabei kommt ihnen ein quantenmechanischer Effekt namens Quadrupol-Relaxationsverstärkung zu Hilfe.

Medizinische Bildgebung spielt bei der Diagnose, dem Verständnis von Krankheiten und der Entwicklung von effektiven Behandlungsmethoden eine wichtige Rolle. Das bildgebende Verfahren der Magnetresonanztomografie kommt ohne schädigende ionisierende Strahlung aus und erzeugt hoch aufgelöste Schnittbilder des Körperinneren. Während die Methode bei der morphologischen und funktionellen Bildgebung extrem erfolgreich ist, stößt sie im Bereich der Bildauflösung bis auf die molekulare Ebene noch an Grenzen. Vor allem wünscht man sich eine höhere Selektivität auf bestimmte Prozesse im Stoffwechsel. Unter der Leitung von Hermann Scharfetter vom Institut für Medizintechnik an der TU Graz forschte ein internationales Team drei Jahre lang an der Entwicklung von entsprechenden innovativen Kontrastmitteln.

Zu Schnittbild vereint

Bei der MRT werden mit hochfrequenten Magnetimpulsen die Kerne der im menschlichen Gewebe reichlich vorhandenen Wasserstoffatome für kurze Zeit aus ihrer Gleichgewichtslage ausgelenkt. Sie erzeugen schwache Signale, die durch die Empfängerspulen aufgenommen werden und mithilfe eines Computers im Anschluss zu einem Schnittbild vereint werden können. Die Kernspin-Magnetisierung kehrt je nach Gewebe verschieden schnell wieder in ihre Gleichgewichtszustand zurück. Diese Unterschiede werden durch sogenannte Relaxationszeiten beschrieben. Kontrastmittel können aufgrund ihrer magnetischen Eigenschaften die Relaxationszeit verändern und damit den Kontrast und die Aussagekraft der Bilder verstärken.

Die Forscher am Institut für Medizintechnik der TU Graz hatten die Idee, mithilfe der sogenannten Quadrupolrelaxation nicht nur zu einer Kontrastverstärkung, sondern vor allem zu einer höheren Sensitivität auf molekulare Veränderungen zu kommen. Die Quadrupolrelaxation ist ein bekannter, in der Magnetresonanz-Tomografie aber bisher weitgehend ungenutzter quantenmechanischer Effekt, der bei Atomen mit quadrupolaren Kernen auftritt. "Unsere Idee war es, Moleküle mit Quadrupolkernen in das Gewebe zu schicken und durch die Interaktion der Wasserstoffkerne mit eben diesen Quadrupolkernen das klassische NMR-Signal zu verändern", erklärte der Professor für Medizintechnik der TU Graz und Leiter der internationalen Arbeitsgruppe. Treten nämlich Wasserstoffkerne in Resonanz zu den Quadrupolkernen, verstärkt das ihre Relaxation. "Wir haben jetzt die Machbarkeit beweisen und gezeigt, dass wir diesen Effekt haben", schilderte Scharfetter im APA-Gespräch.

Bei bisherigen paramagnetischen Kontrastmitteln sind anstatt der Quadrupol-Kerne ungepaarte Elektronen involviert und der Verstärkungsmechanismus ist nicht sehr magnetfeldabhängig. Die Quadrupol-Relaxationsverstärkung tritt nur bei bestimmten Magnetfeldern auf, bei denen die Übergangsfrequenzen der Kernspins und Protonenspins übereinstimmen, wie Scharfetter erklärte. Die chemischen Verbindungen der Quadrupolkerne müssten daher so designt werden, dass ihre Resonanzfrequenzen in der Nähe der Zielfrequenz für klassische MR-Tomografie liegen.

Durch Verschiebung der Feldstärke des MR-Scanners könne die Quadrupol-Relaxationsverstärkung jedoch gesteuert werden: "Wir brauchten nur einen herkömmlichen MR-Scanner derart modifizieren, dass wir sein Magnetfeld leicht verschieben können, um den Kontrast einfach ein- oder auszuschalten", so Scharfetter. Die vielversprechenden Ergebnisse der ersten Versuche wurden im Journal "Physical Review Letters X" publiziert und zum EU-Patent angemeldet.

Beste Resultate bei Bismuth

Die besten Resultate der bisherigen Experimente haben die Forscher bisher mit chemischen Verbindungen des Elements Bismuth erreicht. Bis das neue Kontrastmittel-Konzept tatsächlich klinisch einsetzbar ist, müsse aber noch eine ganze Reihe weiterer Experimente und Untersuchungen folgen. Künftig gehe es darum, spezielle Nano-Partikel zu entwickeln, in die die Bismuth-Komponente eingebettet wird und ohne Nebenwirkungen gut im Körper verteilt werden können. Dafür sei noch viel Synthese notwendig, "Unsere Ergebnisse bilden aber den Grundbaustein für ein 'smartes' Kontrastmittel" zeigte sich Scharfetter überzeugt.

Das Projekt wurde über das europäische Wissenschaftsförderprogramm FETopen drei Jahre lang mit insgesamt rund 2,5 Millionen Euro gefördert. Beteiligt waren mehrere Institute der TU Graz, das Zentrum für Medizinische Forschung der Med-Uni Graz sowie die Universtäten von Warmia und Mazury (Polen), die Universität Maribor (Slowenien) und die Uni von Umea in Nordschweden. Ein Folgeprojekt wurde bereits beim Wissenschaftsfonds FWF eingereicht. Weitere bilaterale Projekte würden noch konzipiert, berichtete der Grazer Wissenschafter.