Für 46 Prozent der befragten Arbeitnehmer reicht der Lohn oder das Gehalt kaum oder gar nicht zum Leben. Sieben Prozent der Beschäftigten in Österreich - das sind rund 220.000 Personen - kommen mit ihrem Einkommen gar nicht aus. Trotz Arbeit gelten sie damit als arm ("Working Poor"). Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung des Arbeitsklima-Index der AK Oberösterreich.

Hoher Frauenanteil

In einigen Branchen ist es für Beschäftigte besonders schwierig finanziell über die Runden zu kommen. 74 Prozent der befragten Kellner im Gastgewerbe gaben an, dass ihr Einkommen nicht oder kaum zum Leben ausreicht. Bei Reinigungskräften (75 Prozent), Handels-Kassierkräften (77 Prozent), bei Friseuren und Kosmetikkräften (79 Prozent) sind die Werte ähnlich hoch. In diesen Branchen ist der Frauenanteil besonders hoch.

Die Berechnung des Arbeitsklima-Index beruht auf Umfragen der Wiener Sozialforschungsinstitute SORA und IFES unter Beschäftigen in Österreich und umfasst eine repräsentative Stichprobe von 4.000 Befragten pro Jahr. Der Arbeitsklima-Index wird im Auftrag der Arbeiterkammer seit dem Frühjahr 1997 zweimal jährlich berechnet und veröffentlicht. Zusätzlich gibt es Sonderauswertungen.

Einkommensarmut

Die Arbeiterkammer fordert angesichts der Umfragedaten eine deutliche Anhebung der Gehälter in den Niedriglohnbranchen. Die Anhebung der Mindestgehälter auf 1.700 brutto für Vollzeit in allen Branchen müsse "möglichst schnell" erfolgen, sagte AK-OÖ-Präsident Johann Kalliauer bei der Präsentation der Umfragewerte am Montag in Wien. Das Einkommen spiele für die Arbeitszufriedenheit "eine zentrale Rolle".



Gute Nachrichten konnte Kalliauer aber auch verkünden: "Die Zahl der Menschen, die von ihrem Einkommen leben können, ist zwar dank Steuerreform, Mindestlohn und guter Gehaltsabschlüsse in den vergangenen Jahren leicht gestiegen." Dennoch würde die Lohnquote und die mittlere Realeinkommen sinken.

Manche Personengruppen sind besonders von Einkommensarmut betroffen: Laut Umfrage reicht für 8 Prozent der weiblichen Beschäftigen das Einkommen nicht aus. Bei Personen mit Migrationshintergrund liegt dieser Wert bei 9 Prozent, Alleinerzieherinnen (11 Prozent), Pflichtschulabsolventen (13 Prozent) und in den letzten 12 Monaten von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen (23 Prozent). Frauen seien im Vergleich zu Männern deutlich häufiger von Erwerbsarmut betroffen, weil sie oft in Teilzeit, in schlechter bezahlten Branchen arbeiten und Alleinerzieherinnen sind, sagte SORA-Mitarbeiter Daniel Schönherr bei der Pressekonferenz.

Bei der Auswertung des Arbeitsklima Index wurde diesmal auch die Arbeitszufriedenheit der rund 866.000 Beschäftigten mit Migrationshintergrund näher analysiert. Sie sind deutlicher unzufriedener als Beschäftigte mit österreichischen Wurzeln. Migrantische Beschäftigte würden häufig in Jobs arbeiten, für die sie überqualifiziert seien, sagte IFES-Mitarbeiter Georg Michenthaler.