"Es ist eine Lebensfrage von mir", sagt Veronica Kaup-Hasler. Sie meint: "Where Are We Now" nach einem späten Song von David Bowie. Es ist der letzte herbst für die Langzeit-Intendantin. Und insgesamt die 50. Ausgabe des Avantgarde-Festivals. Diese Frage könne nicht gestellt werden, ohne sich Gedanken darüber zu machen, "was hinter uns liegt und wie wir an diesem Punkt gelandet sind - oder wie es denn weitergehen könnte, künstlerisch und politisch".

Wo stehen wir eigentlich? Zum Jubiläum wagt das Mehrspartenfestivel eine Revision und mehr als nur einen Blick zurück: Wie ist es um die Verortung des Festivals bestellt? Welche Fragen sind stellen? Was ist jetzt zu tun? Und, angesichts der weltweiten politischen Veränderungen - Stichwort Donald Trump - im vergangenen Jahr heißt die Frage auch: "Wo ist die Kunst da? Übersehen wir etwas? Agieren wir zu stark in einer Kulturblase, die uns vergessen lässt, wo die eigene Realität ist?" fragte Kaup-Hasler bei der Programmpräsentation der Jubiläumsausgabe im Palais Attems.

So sieht der Plan des Festivalzentrums aus
So sieht der Plan des Festivalzentrums aus © steirischer herbst

Aktionen zum Jubiläum

Zum 50. Geburtstag des Festivals wird eine Gesprächsreihe die "Geschichten eines Zeiterkundungsfestivals" beleuchten. Wegbegleiter und Programmmacher errinnern sich an aufsehenerregende, stille und irritierende Projekte. Für das Jubiläum öffnet der herbst außerdem sein Archiv. Und: Es es funktioniert seine Homebase im Palais Attems in der Sackstraße gleich zum Festivalzentrum um. Die Grazer Architektengruppe Studio Magic baut zwischen Mursteg und Palais ihre Installation "Transegrity" auf. Und der Innenhof des Barockpalais wird zum Veranstaltungsort. Yoko Shimizu wird ein "Biodesign Lab" einrichten und mit "roboextoica" wird einen Nachmittag lang die fröhliche Koexistenz von Mensch und Maschine zelebriert.

Vermessung des Mürztals

Neben Graz bespielt der steirische herbst heuer das Mürztal rund um Neuberg an der Mürz. Das hat einen Grund: Hier ist Elfriede Jelineks Magnus opum "Die Kinder der Toten" angesiedelt. Das Nature Theater of Oklahoma wagt das Experiment, den 666-Seiten starken Gespensterroman der Literaturnobelpreisträgerin aus dem Jahr 1995 Seiten in Super 8 zu verfilmen.

In die Geschichte des Festivals als Plattform für zeitgenössische Kunst wird man auch in der Ausstellung des GrazMuseum eintauchen können. Im Fokus stehe die gesellschaftspolitische Funktion des Festivals und seiner Kunstaktionen, Skandale und partizipativen Projekte. Ergänzend zur Ausstellung wird eine Publikation vorbereitet. Im Kunsthaus Graz werden Arbeiten der Architekturszene der späten 1960er-Jahre zu sehen sein, im Künstlerhaus wird die legendäre "trigon"-Ausstellung aus dem Jahr 1967 in einen Bezug zur Gegenwart gesetzt und das HDA unterzieht die darin behandelten Themen Ambiente/Environment einer Aktualisierung.

Auf der Bühne des Grazer Orpheum begibt sich das Theater im Bahnhof gemeinsam mit der schwedischen Regisseurin Gunilla Heilborn auf die Suche nach verschiedenen Formen des Erinnerns ("The Wonderful and the Ordinary", ab 29. 9). Im Schauspielhaus wird die in Lissabon lebende Choreografin Marlene Monteiro Freitas eine von Rhythmus, Bewegung und Musik getragene Bearbeitung von Euripides' "Die Bakchen" auf die Bühne bringen ("Bacchae - Prelude to a Purge", ab 6. 10). Die beiden jungen österreichischen Performer Simon Mayer und Florentina Holzinger werden im Dom im Berg ihre neuesten Arbeiten zeigen. Als weitere Uraufführung steht u.a. eine Filmdoku über ein Ehepaar, das seit 30 Jahren sein Dorf bei Tschernobyl nicht verlassen hat ("Zwizdal", ab 10.10), der belgischen Gruppe Berlin am umfangreichen Programm des Festivals.

Eröffnet wird das Festival übrigens mit Stammgast Mette Ingvartsen. Die dänische Choreografin bringt am 22. September ihre neue Produktion "to come (extended)" zur Uraufführung.

Tickets sind ab 20. Juni zu erwerben. Alle Details zum Festival und Ticketverkauf finden Sie hier.