Sie sind zweifach betroffen, als Veranstalter und als Musiker. Wie sieht diese Doppelbelastung aus?
CHRISTIAN SCHMIDT: Ja, als Veranstalter stehe ich vor der Situation, dass ich zwar Termine planen und ansetzen kann, aber mit diesen Terminen wenig anfangen kann. Ich rede jetzt von den Terminen vor dem Sommer, mit denen im Herbst belaste ich mich erst gar nicht. Man ist halt damit beschäftigt, den Ersatz für den Ersatz eines Ersatztermins zu finden. Du bist eigentlich ständig am Organisieren.

Weil so viele Leute und Interessen dranhängen.
Ja, die Musiker müssen Zeit haben, ich muss das mit unseren Sponsoren abklären, dazu die Kommunikation mit den Abonnenten: da hängt ein Rattenschwanz an Anforderungen dran.

Die musikabende machen zwar Klassik, sind aber von der Organisation her ganz typisch für die Freie Szene, haben die Sponsoren für Sie deshalb eine so große Bedeutung?
Ja, wir zählen zur Freie Szene, wir brauchen sehr viel Idealismus, aber natürlich auch Geld. Wir wollten von Anfang an Niveau und Professionalität erreichen, das geht von den Musikern bis zu den Drucksorten und den Texten im Programmheft. Die Rundumkosten, die Saalmieten: das alles ist kostenintensiv, das können wir durch Kartenverkäufe und öffentliche Unterstützung allein nicht finanzieren. Deshalb arbeiten wir mit eng mit Sponsoren aus der Privatwirtschaft zusammen, manche kamen durch uns überhaupt erst zum Kultursponsoring.

Gäbe es einen Wunsch an die Regierung?
Ich verstehe, dass keine Regierung der Welt solche Sicherheiten zu geben, die Ambivalenz ist, dass wir andererseits natürlich einen Fahrplan brauchen, um halbwegs normal etwas aufstellen zu können.

Und wie betrifft Sie Corona als Musiker?
Es ist sehr mühsam, wenn du deinem Beruf fast ein Jahr lang nicht nachgehen kannst. Es fehlt auch an Probenräumlichkeiten, weil die üblichen Probenorte auf den Unis, im Wiener Musikverein und Konzerthaus für Freischaffende nicht zugänglich sind wegen Corona. Und es fehlt an der "Hardware", des Berufs: auftreten, proben, Geld verdienen. Wenn man länger nicht auf der Bühne steht, geht einfach etwas verloren, da versandet einiges. Außerdem ist es ist eine verdammt harte Sache, ohne Perspektive die Kraft für Stundenlanges Üben aufzubringen.

Wie waren für Sie diese Konzerte im Herbst unter den Coronabestimmungen?
Es gibt Leute, denen machen Masken prinzipiell nichts. Mir machen sie etwas. Ich brauche Gesichter, die Mimik des Gegenübers. Das fehlt mir, und es macht mir Angst, wenn man das Gegenüber nicht so erleben kann. Das Spielen vor einem maskierten Publikum war mit Ängsten verbunden, aber dann auch eine große Erleichterung: zu wissen, dass die Atmosphäre dennoch gut ist.

Als Interpret und Veranstalter haben Sie vor dem Konzert überhaupt eine Zusatzbelastung.
Im Herbst haben wir von erst am Konzerttag um 14 Uhr die Genehmigung bekommen. Davor hatte ich tagelang Stress. Das kommt zur normalen Aufregung vor dem Auftritt dazu.

Wäre es dann nicht eine brauchbare Alternative, überhaupt nicht zu spielen?
Ja, aber man hat sich halt über Jahre etwas aufgebaut. Man kann alles hinschmeißen und die Saison um ein Jahr verschieben, aber kann man ein soclhes Verschwinden aus der Öffentlichkeit riskieren?

Haben Sie Unterstützung aus den Coronahilfen erhalten?
Ja, wir haben etwas aus dem NPO-Fonds bekommen, dazu habe ich 1000 Euro aus dem Härtefallfonds erhalten. Und auch der Umsatzersatz war eine große Hilfe. Allerdings habe ich auf ein Ansuchen zuerst einen negativen Bescheid bekommen, weil man meinte, ich zählte nicht zu primär betroffenen Gruppe. Da ist man schon am Verzweifeln.

Das heißt, der Umgang seitens der Politik könnte besser sein?
Es ist ein großer Strukturfehler, dass wir als freischaffende Künstler keine Lobby haben, keinen Dachverband. Und die Kunstschaffenden steigen nur vereinzelt auf die Barrikaden. Ich finde das arg, dass Künstler, die im Licht der Öffentlichkeit stehen, sehr ruhig geworden sind. Es bräuchte mehr Wirbel, wir sind zu still geworden. Ich finde das feig und egoistisch, mir fehlt, dass wir unsere Stimme erheben und klar sagen, dass die Nation, wie sie sich jetzt gibt, keine Kulturnation mehr ist.