Zuletzt gab es wieder Kritik an der Arbeit des Kulturkuratoriums, dem Sie vorstehen. Was halten Sie dem als Vorsitzender, Herr Majcen, beziehungsweise als Stellvertreterin, Frau Draxl, entgegen?
Edith Draxl: Die Steiermark ist wirklich gelobt worden, als dieses Gesetz auf den Weg gebracht wurde. Es ist als großer Schritt, als Demokratisierung eines Bereichs gesehen worden, weil man nicht mehr von der Gnade eines Beamten oder eines politischen Büros abhängig war. Das war auch der Wunsch der Szene: Ein Gesetz, wo die Fördervergabe breiter diskutiert wird. Dazu muss man sagen, wir im Gremium bereiten vor, wir entscheiden nicht. Landesrat Drexler ist jemand, der dazu steht, dass er entscheidet. Herr Buchmann hat sich sehr gerne hinter diesem Gremium versteckt. Wir waren halt praktisch, weil wir ein Schutzschild waren. Und da hat es sich plötzlich eingeschlichen, dass es ganz normal geworden ist, auf uns einzuhauen.

Aber liegt es nicht in der Natur der Sache einer Verteilung begrenzter Güter, dass ein solches Gremium immer Unzufriedenheit provoziert? Wie ernst muss man diese Kritik nehmen?
Draxl: Man muss diese Kritik dann nicht ernst nehmen, wenn sie mit falschen Fakten operiert, was bei der Frau Weber der Fall war, oder wenn sie von Leuten kommt, die mit Machtfülle gesegnet sind wie der Herr Kastberger – es gibt, etwas überspitzt, keine Jury in der er nicht sitzt. Es geht da ja nicht um Kritik, sondern um einen Vernichtungswillen. Und da sage ich: Alle, die diesem Vernichtungswillen das Wort reden, die wollen zu autoritäreren Strukturen zurückkehren. Das wäre auch mit Fachbeiräten so, denn die haben nicht den Überblick über ein Gesamtsituation wie es das Kuratorium hat.

Wo ist die Kritik berechtigt? Oder lässt sich alles auf Polemik reduzieren?
Draxl: Doch, ich glaube, dass es sich vielfach auf Polemik reduzieren lässt, weil die Leute oft gar nicht wissen, wie wir arbeiten. Wir müssen alles, die abgelehnten und die angenommenen Anträge, umfassend begründen. Ich sehe allerdings schon einen Reformbedarf: Wir haben einfach zu wenige Mittel.

Edith Draxl: "Wenn im Kuratorium der Antrag eines Anwesenden behandelt wird, muss dies vom Fachbereit vorbeurteilt werden und der Betroffene muss während der Diskussionen den Raum verlassen."
Edith Draxl: "Wenn im Kuratorium der Antrag eines Anwesenden behandelt wird, muss dies vom Fachbereit vorbeurteilt werden und der Betroffene muss während der Diskussionen den Raum verlassen." © Ballguide/Nicholas Martin

"Im Land wütet das Kulturkuratorium", die Begründungen seien "unzureichend", die Arbeit sei "unprofessionell". Sehen Sie eine Strategie hinter diesen Angriffen?
Franz Majcen: Ich sehe vieles gleich wie die Frau Draxl. Nicht nur wir zwei, das gesamte Kuratorium hat ein gutes Einvernehmen. Ich bin allerdings ein bisschen weniger empfindlich als sie, war 25 Jahre Politiker, und bin das gewohnt, dass das Gute als selbstverständlich betrachtet wird. Zur Ihrer Frage: Konzertiert ist es, glaube ich, nicht. Aber die Aussage macht Mode und es gibt gar keine Möglichkeit, dem zu entkommen. Dass es wehtut, dass man sich ungerecht behandelt fühlt, das ist ganz klar. Ein Vorwurf gegen das Kuratorium, der immer wieder auftaucht: Die richten es sich und bei den anderen sind sie sparsam und zurückhaltend. Auf der anderen Seite gibt es keine Vergabevariante, bei der man jemanden Informierten aus der Szene Stammenden findet, der nicht selbst Projekte macht.
Edith Draxl: Wenn im Kuratorium der Antrag eines Anwesenden behandelt wird, muss dies vom Fachbereit vorbeurteilt werden und der Betroffene muss während der Diskussionen den Raum verlassen.
Franz Majcen: Dazu gibt es die Prämissen, die der Landesrat dem Gremium mitgibt. Wie Zeitgemäßheit, Modernität, Internationalität, Regionalität. Lauter Dinge, die man unter einen Hut bringen muss. Und manche glauben, sie haben die Förderung auf 100 Jahre gepachtet. Das kann nicht funktionieren. Ein Beispiel: Bei unserem nächsten Termin haben wir Anträge für 1,6 Millionen Euro, 70.000 stehen zur Verfügung. Ich fürchte nur, wenn man  den Geldbetrag erhöht ist es möglicherweise wieder zu wenig.
Edith Draxl: Da haben wir einen unterschiedlichen Zugang. Ich glaube, dass es im Moment mit dem Geld unmöglich ist, seriös zu disponieren.

Um wie viel müsste die Fördersumme steigen, um eine faire Bezahlung zu gewährleisten?
Edith Draxl: Fair Pay hieße 40 Prozent mehr. Diese Diskussion, die die styriarte jetzt geführt hat, verweist darauf, dass Musiker und andere Szenen einfach wahnsinnig schlecht bezahlt bekommt, gemessen an dem, was sie einsetzen. Es kriegen ganze Szenen wenig. Durch Corona ist das stärker sichtbar geworden, weil sich die Leute nichts auf die Seite legen können, keine Rücklagen haben. Die Politik möchte möglichst breit gestreut unterstützen. Aber: Wenn ich sehr breit unterstütze, ist das Niveau sehr niedrig. Wenn ich fokussierter unterstützen würde, dann kann ich mehr fordern – und das auch fair bezahlen.

Um welche Fördersummen geht es im Kulturkuratorium konkret?
Edith Draxl: Für die kontinuierliche Arbeit in dem Feld, wo wir Projekte und Jahresprogramm unterstützen, sind die Mittel mit den Jahren weniger geworden. Für die Jahresprojekte steht uns etwas über eine Million Euro zur Verfügung. Für Kleinförderung gibt es 270.000 Euro, für Gastspielförderung 50.000 Euro. Dazu gibt es die mehrjährigen Förderungen, das sind 6,6 Millionen Euro. Und dazu noch Geld für den Film, für Kunst im öffentlichen Raum und für Diverses wie Preise und Ankäufe. Das sind insgesamt rund zehn Millionen Euro für dieses Feld. Und das war früher einfach mehr.

Wie nehmen Sie in Bezug auf die Corona Pandemie herrschende Gemütslage in der Kulturszene wahr?
Franz Majcen: Es ist die gesamte Bandbreite vorhanden, wobei die Voraussetzungen individuell unterschiedlich sind: Bei einem 1-Mann-Betrieb ist es anders, als wenn jemand Teil eines Ensembles ist. Allerdings muss man sagen, gibt es keine schlechten Versuche, denen zu helfen. Aber da sind die Leute auch unterschiedlich begabt in der Inanspruchnahme der Unterstützung.
Edith Draxl: Wobei ich sagen muss, dass das Land und die Stadt hervorragend schnell reagiert hat. Aberdenn: Im Schauspielbereich gibt es Personen, die so prekär leben, dass sie nicht SVA versichert sind, weil sie nicht einmal die Untergrenze dafür erreichen. Die fallen durch alle Programme durch.

Wird diese Krise dazu führen, dass die freie Szene in der Steiermark schrumpft?
Franz Majcen: Vorübergehend. Es werden sich Leute zurückhalten, weil sie keinen Weg sehen, etwas zu tun. Andere werden sich besonders anstrengen, Wege für ihre künstlerische Arbeit zu finden. Manche werden suchen und nichts finden. Viele Veranstalter fürchten sich natürlich auch, dass sie etwas tun, was entgleisen könnte und sie für eine Sachte in Verantwortung gezogen werden könnten, die gut gemeint war.

Ihre Funktionsperiode im Kulturkuratorium endet mit Jahresende. Werden Sie weiter zur Verfügung stehen?
Edith Draxl: Die Mitarbeit im Kuratorium ist auf zwei Perioden beschränkt, deswegen werde ich nicht wieder dabei sein.
Franz Majcen: Ich bin noch nicht gefragt worden.