Er kann so schön über die Fremdschämgrenze gehen wie kaum ein anderer. Er war Ali G, Borat und Brüno. Jetzt hat Sacha Baron Cohen seine Werkstatt wieder geöffnet. In der siebenteiligen Serie „Who is America?“ (dienstags, 20.15 Uhr, Sky) schlüpft der britische Komiker und Schauspieler in unterschiedliche Charaktere und muss unfreiwillig feststellen: Nichts ist mehr so, wie es einmal war.

Das gilt auch für seine Art der Feldforschung: Provokation entfacht Reaktion. Doch was vor wenigen Jahren noch witzig gewesen wäre, hat sich überholt, denn die Realität ist zur Satire geworden. Da wirkt Baron Cohen schnell verloren, wenn er als liberaler Freigeist mit pinker Protesthaube bei Trump-Fans zu Gast ist und ihnen schildert, dass seine Tochter auf die US-Fahne menstruiert - als Sinnbild für all das Blut, das für diese Nation vergossen wurde.

Das ist nicht das Senkblei, das es braucht, um diese Brüche im Land auszuloten. Wenn 30 Minuten Witz im Hals stecken bleiben, kriegt man irgendwann nur sehr schwer Luft. Beklemmend wird es, wenn er den israelischen Militär Erran Morad mimt, dann kommt es zum Paartanz des Irrsinns. Dieser will US-Politikern eine kühne Idee schmackhaft machen: schon Schüler in der Vorschule zu bewaffnen. Tatsächlich kann er namhafte republikanische Politiker für die Idee gewinnen.

Der Waffenfetischist Philip Van Cleave dreht mit ihm sogar ein Werbevideo für „Puppy Guns“, Waffen mit Stoffhündchenaufsatz. Das Magazin für die Waffe hat das wehrhafte Vorschulkind in der Jausendose. Denn klar sei, so Van Cleave: „Das Böse ist in den Herzen und nicht in den Waffen.“ Die treffendste Analyse kommt von einer Galeristin, die Baron Cohen in seiner Rolle als Ex-Knacki besucht: „Wir sind alle verrückt und normal gleichzeitig.“ Die alles entscheidende Frage am Ende des Tages ist: Wie kommen wir aus der Geschichte wieder raus?