Monterey, Kalifornien: Sommer, Sonne, Strand und Meer. 1967 fand hier das legendäre Pop Festival statt, das noch heute als Startpunkt der Hippie-Bewegung gilt. Von der Flower Power ist 50 Jahre danach nicht mehr viel übrig, außer der Göttergatte schickt einen Blumenstrauß – wenn ihm am Tag davor die Hand ausgekommen ist. Wobei, wo verläuft eigentlich die Grenze zwischen überbordender Sexfantasie und häuslicher Gewalt? Das wird wohl die Therapeutin klären müssen. Und sonst so? Was erwartet denn den ORF-Seher ab heute?

Der Ausblick aus den Strandvillen ist beneidenswert, die Sonnenuntergänge romantisch, alles in allem ist das Leben hier in Monterey beschaulich. Bis die Eiterbeule aufbricht: Bei einer Schul-Benefizgala geschieht ein Mord, das ist der Rahmen, der über die Erfolgsserie „Big Little Lies“ gespannt wird. Die Klärung des Mordes wird als Rückblende aufgezogen: Folge für Folge werden die einzelnen Puzzleteile zusammengefügt. Wenig sachdienliche Hinweise erfahren wir von Zeugenaussagen der Anwesenden. Das sind jene, die scheinbar am Rande der Arena stehen und dem Treiben der High Society zusehen.

Die Analyse ist wenig schmeichelhaft: „Das ist Monterey, mit unserer Nettigkeit schlagen wir hier jeden“. Im Fokus stehen drei Frauen: Madeline Mackenzie (Reese Witherspoon), die Anführerin der Gang. Über alles und jeden informiert, geliebt, gehasst und gefürchtet. Ihr Motto: „Ich halte meine Wut wie ein Haustier“.
Ihre beste Freundin Celeste Wright (Nicole Kidman), ehemals erfolgreiche Anwältin, die auf Drängen ihres Mannes ihren Beruf aufgegeben hat. Ihr Mann Perry (Alexander Skarsgård) ist smart, erfolgreich, schillernd. Zu schillernd. Schnell wird klar, dass dieser Metamorphose kein Schmetterling, sondern ein düsterer Nachtfalter entsprungen ist.

Reese Witherspoon als Madeline Mackenzie
Reese Witherspoon als Madeline Mackenzie © ORF



Und wenn wir schon bei düster sind: Jane Chapman (Shailene Woodley), neu hinzugezogen, Single, alleinerziehende Mutter. Was hat sie zu verbergen? Sie alle treffen sich am Dreh- und Angelpunkt Schule: Erste Schulstufe, erster Schultag, die Fronten werden schon bei der Eingangstür abgesteckt. Symbolisch gesprochen: Nicht wenige Mütter sind mit dem Helikopter da, kreisen und umkreisen. Grund zur Aufregung gibt es: Ein Kind wird gewürgt. War es ein Unfall, nur Spielerei oder eiskalt kalkulierte Bösartigkeit? Wer war es? Möglicherweise der Neuzugang. Die Folgen: „Die ist angezählt“, wie es Madeline Mackenzies Mann Ed so schön analysiert. Doch da hat er die Rechnung ohne seine Frau gemacht.

Golden Globes für "Big Little Lies"
Golden Globes für "Big Little Lies" © APA/AFP/FREDERIC J. BROWN (FREDERIC J. BROWN)

Es entspinnt sich ein Schaukampf auf mehreren Ebenen, der so nebenbei sämtliche Beziehungen der handelenden Personen offenlegt. Nach Herzenslust wird hier filetiert: ein Scharmützel aus offenen Feindschaften, notwendigen Allianzen und aufrechter Freundschaft – umgesetzt von Kapazundern aus Hollywood. Nicht umsonst ist die Serie achtmal mit dem Emmy preisgekrönt sowie mit vier Golden Globes ausgezeichnet worden.

Reese Witherspoon und Nicole Kidman haben die Filmrechte des Bestsellerromans „Tausend kleine Lügen“ von Liane Moriarty gekauft und für den Bezahlsender HBO eine Mini-TV-Serie produziert (eine zweite Staffel folgt). ORF eins zeigt die sieben Episoden mit einer Triple-Folge heute, sowie mit einer Doppelfolge am 7. Juni und am 13. Juni, jeweils 20.15 Uhr. Einer der Zeugen wird im Rahmen der Vernehmung eine interessante Beobachtung machen: „Ich glaube, Frauen sind von der Chemie her außerstande zu verzeihen.“ Wenn er sich da nur nicht täuscht.