Wer sich an die 80er-Jahre erinnern kann, hat sie nicht miterlebt“, lautet ein berühmtes Zitat eines gewissen Hans Hölzel vulgo Falco. Nun, nicht alles war gänzlich grauslich. Falco selbst hat 1985 von Wien aus mordsmäßig und weltweit erfolgreich seinen Amadeus gerockt, und in London trieben die genialen Gentlemen-Ironiker Neil Tennant und Chris Lowe als Pet Shop Boys den Pop-Hedonismus zur Hochblüte. Songs wie „It’s a Sin“, „Suburbia“ oder „West End Girls“ waren Dancefloor-Glanzlichter und der überaus coole Beweis dafür, dass (musikalische) Klugheit und Massentauglichkeit einander nicht ausschließen.

Jetzt haben die Boys aus der Tierhandlung wieder Witterung aufgenommen und in den Berliner Hansa-Studios das Album „Hotspot“ aufgenommen. Historischer Boden fürwahr, aus dem Bowies epochale Berlin-Trilogie („Low“, „Heroes“, „Lodger“) ebenso entwuchs wie bahnbrechende Alben von Depeche Mode oder U2.

Ob sich das 14. Studiowerk des Brit-Duos in diese glorreiche Ahnengalerie einreihen lässt? Dafür muss man die zehn Songs wohl noch etwas reifen und abhängen lassen. Aber allein wie sich Tennant und Lowe selbst zitieren, ohne zu kopieren, ist ein grandioser, bauernschlauer Schachzug. Wummernde Elektropop-Hymnen sind auf „Hotspot“ ebenso zu hören wie bittersüße Balladen, in denen viel Ironie und queeres Selbstbewusstsein stecken. Das Album endet übrigens mit einem Hammer-Track namens „Wedding in Berlin“, in dem der Hochzeitsmarsch von Felix Mendelssohn-Bartholdy mittels Synthie-Fanfaren zitiert wird. Fazit: klassische, smarte Tanzmusik für Fortgeschrittene, nicht nur für Brautleute geeignet.